Bischof Scharl warnt: Wachsende Vorurteile gegenüber Minderheiten
Der Wiener Weihbischof Franz Scharl warnt vor einer steigenden Tendenz in der österreichischen Gesellschaft zur Schwächung von Minderheitenrechten. Es gebe vermehrt Vorurteile gegenüber Menschen, "die nicht zum Mainstream gehören", sagte Scharl im Interview der katholischen Nachrichtenagentur "Kathpress" (Montag). Der Austausch zwischen Minderheits- und Mehrheitsgesellschaft finde lediglich über Musik und Kulinarik statt, darüber hinaus gebe es kaum Berührungspunkte, so Scharl, der in der Österreichischen Bischofskonferenz seit 2015 für die Roma- und Sinti-Pastoral zuständig ist.
Notwendig sei eine Aufwertung und Integration von Roma und Sinti auch im kirchlichen Leben, betonte Scharl. Dazu gehöre auch die Bereitstellung von kirchlichen finanziellen Mitteln, Diakonen und anderem pastoralen Personal. Hier gebe es noch Luft nach oben und einen großen Bedarf, so der Wiener Weihbischof. Es gelte, Roma und Sinti in Notsituationen zu helfen, sei es bei Krankheit oder Arbeitssuche, erklärte Scharl. Langfristiges Ziel des kirchlichen Engagements sei es, "Menschen aufzubauen, die andere Menschen aufbauen können" - das sei aber keine "Hauruck-Aktion", sondern jahrzehntelange Arbeit.
Scharl äußerte sich im Vorfeld der traditionellen jährlichen Roma-Wallfahrt nach Mariazell. Zum 24. Mal kommen dazu am kommenden Sonntag, 11. August, Roma und Sinti aus Österreich, Deutschland, Ungarn und anderen europäischen Ländern in den steirischen Marienwallfahrtsort. Weihbischof Scharl feiert mit den Pilgern um 10 Uhr einen Festgottesdienst in der Mariazeller Basilika. Anschließend gibt es ein Kulturprogramm mit verschiedenen Roma-Gruppen auf dem Vorplatz der Basilika. Die Wallfahrt endet am Nachmittag mit einer Andacht.
Die Pilgerreise der Roma in das steirische Marienheiligtum weist eine jahrhundertelange Tradition auf. 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten verboten. Im August 1996 riefen österreichische Roma-Vereine und der damalige Superior von Mariazell und jetzigen Bischofsvikar für das Wallfahrtswesen in der Diözese Eisenstadt, P. Karl Schauer, den Bittgang zur Magna Mater Austriae - wie die Mutter Gottes von Mariazell auch genannt wird - wieder ins Leben.
In Österreich leben rund 40.000 Roma und Sinti. Seit den 1990er Jahren bemüht sich die katholische Kirche verstärkt um die Roma und Sinti, sei es im Rahmen der Bischofskonferenz oder in einzelnen Diözesen wie im Burgenland. Viele Roma und Sinti sind römisch-katholisch, es gibt aber auch evangelische, orthodoxe und muslimische. Vor allem in den Städten wenden sich auch immer mehr Roma den Freikirchen zu.
Quelle: kathpress