Jägerstätter-Gedenken lenkt heuer Blick auf Selige Restituta Kafka
Das internationale Jägerstätter-Gedenken, das alljährlich im Sommer in den Innviertler Orten St. Radegund und Tarsdorf veranstaltet wird, beschäftigt sich dieses Jahr mit der seligen Ordensschwester Restituta Kafka (1894-1943). "Provokateurin des Glaubens - Die selige Restituta Kafka im Widerstand" lautet das Motto des Treffens, das dieses Jahr am 8. und 9. August stattfindet. Kafkas Mitschwester Sr. Ruth Beinhauer wird dabei anlässlich deren 125. Geburtstags über die erste seliggesprochene (im Jahr 1998) Märtyrerin Österreichs sprechen.
Beinhauer ist selbst Franziskanerin von der christlichen Liebe ("Hartmannschwester") aus Wien, lebte zwölf Jahre in Rom und ist Vizepostulatorin des Selig- und Heiligsprechungsverfahrens für Restituta Kafka. Derzeit bereitet sie die erste Ausgabe von Sr. Restitutas Briefen aus der Haft im Wiener Landesgericht vor und wird darüber beim Jägerstätter-Gedenktreffen am 9. August (9.30 Uhr, Pfarrheim Tarsdorf) berichten.
Sr. Restituta Kafka stammt aus dem mährischen Husovice (Hussowitz) bei Brünn und kam im Alter von zwei Jahren mit ihrer Familie nach Wien, wo sie bei den Hartmannschwestern Ordensfrau wurde und den Ordensnamen "Maria Restituta" erhielt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie Krankenschwester im Spital Mödling und brachte es zur leitenden Operationsschwester. Nach dem "Anschluss" Österreichs an NS-Deutschland 1938 weigerte sie sich, wie verlangt Kruzifixe aus den Spitalszimmern zu nehmen, zudem wurden ihr zwei von ihr verfasste regimekritische Texte zum Verhängnis. Von der Gestapo direkt aus dem OP-Saal verhaftet, wurde sie wegen "Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat" im März 1943 nach einjähriger Haft im Wiener Landesgericht enthauptet, als einzige Ordensfrau im Großdeutschen Reich.
Das Jägerstätter-Treffen beginnt am Donnerstag, 8. August, mit einer Vesper um 16 Uhr in der Pfarrkirche St. Radegund, wo Franz Jägerstätter (1907-1943) wohnte und als Mesner tätig war, gefolgt von einem "Social evening" im Gasthaus Hofbauer, bei dem die internationalen Teilnehmer vorgestellt werden. Am Freitag, 9. August, dem Todestag Jägerstätters, steht außer dem Vortrag Sr. Beinhauers auch eine Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund sowie um 16 Uhr eine von Pax Christi Österreich und Pax Christi Italien gestaltete Andacht zur Todesstunde in der Kirche von St. Radegund auf dem Programm sowie anschließend (17 Uhr) eine Begegnung im "Jägerstätterhaus".
Abends um 19 Uhr werden am Jägerstätter-Platz vor der Pfarrkirche St. Radegund die Namen der von 1934 bis 1945 politisch Verfolgten aus der Stadt Braunau und dem Dekanat Ostermiething verlesen, ehe das Treffen nach einer Eucharistiefeier mit einer Lichterprozession zum Grab von Franz Jägerstätter und seiner Ehefrau Franziska endet.
Kollaboration mit Glauben unvereinbar
Franz Jägerstätter, geboren am 20. Mai 1907, war Bauer, Mesner und Familienvater in St. Radegund. Er verweigerte schon vor Beginn des Krieges 1939 die Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus, da ihm dieser mit dem Christentum völlig unvereinbar erschien. Nachdem er 1940 zum Militärdienst einberufen und zweimal unabkömmlich gestellt wurde, wollte er einer weiteren Einberufung nicht mehr Folge leisten. Das sogenannte Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten, von dem er um diese Zeit erfuhr, und die Verfolgung der Kirche durch die Nationalsozialisten festigten seinen Entschluss.
Jägerstätter erklärte 1941 öffentlich, dass er als gläubiger Katholik keinen Wehrdienst leisten dürfe, da es gegen sein religiöses Gewissen wäre, für den nationalsozialistischen Staat zu kämpfen. Seine Umgebung versuchte ihn umzustimmen und wies ihn auf die Verantwortung seiner Familie gegenüber hin, konnte aber seine Argumente nicht widerlegen. Er suchte schließlich den Bischof von Linz, Josef Fließer, auf. Dieser riet ihm von einer Wehrdienstverweigerung ab. Franziska Jägerstätter unterstützte ihren Mann hingegen, obwohl sie sich der Konsequenzen bewusst war.
Am 23. Februar 1943 erhielt Jägerstätter schließlich die dritte Einberufung zur Wehrmacht. Er musste zur Stellung nach Enns, wo er sich am 1. März meldete. Er erklärte, aus religiösen Gründen den Kriegsdienst mit der Waffe abzulehnen und nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein zu können. Nach der Erklärung seiner Kriegsdienstverweigerung wurde er am 2. März nach Linz ins Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis gebracht. Dort erfuhr er, dass auch andere Männer den Kriegsdienst verweigerten und Widerstand leisteten. Am 4. Mai wurde er nach Berlin-Tegel verlegt. Er weigerte sich, seine Verweigerung zu widerrufen.
Am 6. Juli verurteilte ihn das Reichskriegsgericht in Berlin-Charlottenburg wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode. Am 14. Juli wurde das Urteil bestätigt. Laut Reichskriegsgericht war Jägerstätter bereit, Sanitätsdienst zu leisten, worauf das Gericht jedoch nicht einging. Jägerstätter wurde am 9. August 1943 in das Zuchthaus Brandenburg an der Havel gebracht und dort um 16 Uhr durch das Fallbeil hingerichtet. Die Urne mit seiner Asche wurde nach Kriegsende nach St. Radegund gebracht und dort am 9. August 1946 beigesetzt.
Jahrzehnte der Verdrängung
Erst nach Jahrzehnten einer Verdrängung auch von Seiten der örtlichen Diözesan- und Pfarrverantwortlichen begann eine langsame Aufarbeitung und Würdigung. Das 1964 erschienene Buch von Gordon C. Zahn (In Solitary Witness - The Life and Death of Franz Jägerstätter) inspirierte die Friedensbewegung Pax Christi in den Vereinigten Staaten und bestärkte Daniel Ellsberg in seinem Engagement gegen den Vietnamkrieg. 1966 wurde in der Wiener Votivkirche ein Buntglasfenster zu Ehren Jägerstätters geweiht. Axel Corti drehte 1971 einen Film mit dem Titel "Der Fall Jägerstätter", der für einige Diskussionen sorgte. Seit 1983 veranstaltet Erna Putz alljährlich am Todestag von Franz Jägerstätter Gedenkfeiern.
Ab 1989 wurden im Auftrag des damaligen Linzer Diözesanbischofs Maximilian Aichern Personen, die Franz Jägerstätter gekannt haben, als Zeugen für einen Seligsprechungsprozess vernommen. Der Maler Ernst Degasperi zeigte 1993 in Yad Vashem den Bilderzyklus Licht in der Finsternis. 1997 hob das Landgericht Berlin das Todesurteil gegen Franz Jägerstätter auf. Der Seligsprechungsprozess wurde 1997 offiziell eröffnet und ab 1998 vom heutigen Linzer Bischof Manfred Scheuer als Postulator geleitet. Am 1. Juni 2007 bestätigte Papst Benedikt XVI. das Martyrium, woraufhin die Seligsprechung am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom stattfinden konnte. Als Gedenktag wurde der 21. Mai festgesetzt.
Jägerstätters Ehefrau Franziska, die für seinen religiösen Glauben eine große Rolle spielte, verstarb am 16. März 2013, wenige Tage nach ihrem 100. Geburtstag.
Quelle: kathpress