Politologe: Ungarn, Italien und Polen sind "große Sorgenkinder"
Auf demokratiegefährenden Aspekte populistischer Parteien hat der Salzburger Politikwissenschaftler Prof. Reinhard Heinisch hingewiesen: Wenn Populismus nicht etwa als Marketing- oder Mobilisierungsstrategie verwendet wird, sondern zu einer eigenen Ideologie werde, die sich in einer Frontstellung gegen politische Eliten, in einem Autoritarismus und Nativismus ("das Volk") zeige, könne es bei Regierungsbeteiligungen populistischer Parteien zu einer tiefen Erschütterung demokratischer Gesellschaften und zu einer Destabilisierung des liberalen Rechtsstaates kommen, mahnte Heinisch bei einem Vortrag am Samstag in Salzburg. "Große Sorgenkinder" in Europa seien Ungarn, Italien und Polen, wo sich bereits politische Zersetzungserscheinungen in Folge einer rechtspopulistischen Politik zeigten.
Bei allen nationalen Unterschieden, die sich bei der Frage nach dem Grund für den Aufstieg von populistischen Parteien zeigten, lasse sich doch ein alle verbindender gemeinsamer Nährboden für populistische Politik ausmachen: Dieser liege in einer Systemkrise, aus der eine Legitimationskrise des politischen Systems folge. Dies wiederum gebäre "Ängste des Identitäts- und Kulturverlustes oder ökonomische Ängste, auf die populistische Parteien eine einfache Antwort versprechen".
Zur Bedrohung für die Demokratie werde diese Politik jedoch dann, wenn sie in eine "illiberale Demokratie" und eine "Diktatur der Mehrheit mobilisierter Massen" münde, so der Politikwissenschaftler - dies lasse sich bereits jetzt in Ungarn beobachten. Die Mechanismen einer solchen Politik seien prinzipiell überall die gleichen: Sie zeigen sich in einer Abwertung der politischen Opposition, der Zivilgesellschaft, der freien Medien, des Abbaus von rechtsstaatlichen Institutionen etc. mit der Folge einer "Radikalisierung des gesellschaftlichen Klimas" und einer "Verschiebung des gesellschaftlichen Konsenses". Die Politik sei daher gefordert, populistische Parteien aufmerksam zu beobachten, selbst nicht der Versuchung populistischer Freund-Feind-Schemata zu erliegen und die Kommunikationskanäle mit der Bevölkerung besser zu nutzen, um so diese gegen die Verlockungen der schnellen populistischen Antworten in der Politik zu immunisieren.
Heinischs Vortrag eröffnete den vorletzten Tag der heurigen "Salzburger Hochschulwochen", die heuer noch bis 4. August unter dem Generalthema "Die Komplexität der Welt und die Sehnsucht nach Einfachheit" stehen. Im Anschluss an Heinisch gab Verteidigungsexperte Brigadier Gustav Gustenau einen Einblick in die Planung bzw. strategische Antizipation möglicher politischer oder auch militärischer Bedrohungsszenarien und deren Folgen für die Landesverteidigung. Wichtig sei dabei weniger, im Krisenfall einem konkreten und fertigen Krisenplan zu folgen, sondern vielmehr über Instrumentarien zur Analyse, Erfassung und Folgenabschätzung politischer und militärischer Handlungen zu verfügen, so Gustenau. So bestehe die "strategische Dreifaltigkeit" dem Verteidigungsexperten zufolge in Themenkompetenz, Methodenkompetenz und Kommunikationskompetenz.
Für Österreich bestehe die besondere Herausforderung angesichts komplexer Bedrohungsszenarien darin, "staatliche Resilienz" aufzubauen - diesbezüglich sei Österreich jedoch nicht zuletzt aufgrund eines historisch gewachsenen und trägen Beamtenapparates eher schlecht aufgestellt, so der Experte.
Quelle: kathpress