Politologe Heinisch: Populismus ist "dünne Ideologie"
Es ist ein den politischen wie medialen Diskurs heute dominierendes Wort: die Zuschreibung des "Populismus". Doch was meint dieser Begriff eigentlich? Erschöpft er sich in bloßem Aktionismus und einer Mobilisierungsstrategie? Oder ist er gar eine eigene Ideologie? Und wie grenzt er sich etwa vom Extremismus ab? Diese Fragen standen am Freitag im Zentrum eines Vortrags des renommierten Salzburger Politologen Prof. Reinhard Heinisch bei den "Salzburger Hochschulwochen". Heinischs These lautete dabei: Der politische Populismus - gleich ob linker oder rechter Provenienz - ist eine erfolgreiche, weil agile und anpassungsfähige, jedoch inhaltlich "dünne Ideologie".
In seinem Vortrag zeichnete Heinisch, Leiter des Fachbereichs Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Salzburg, den Aufstieg populistischer Parteien vor allem seit etwa Mitte der 1990er Jahre nach. Zeitgleich mit dem zunehmenden Wahlerfolg dieser Parteien nahm laut Heinisch die Bereitschaft ab, extremistische Parteien zu wählen. Dieser Unterschied sei von großer Bedeutung, zeichneten sich doch populistische Parteien - anders als extremistische bzw. rechtsextreme Parteien - dadurch aus, dass sie sich im demokratischen Spektrum bewegen und nicht mit offener Gewaltbereitschaft kokettieren.
Weitere Motive populistischer Parteien seien die Infragestellung liberaler Prinzipien, gezielte Provokationen und Tabubrüche, ein aufgeladener Nationalismus und Nativismus (Betonung eines ethnischen, homogenen Volksbegriffs) und die damit einhergehende klare Benennung von Feinden wie etwa der "korrupten Elite". Dieser Populismus sei nun insofern eine "dünne Ideologie", als er zwar stets Negativfolien vorweisen könne (wer nicht 'dazu' gehört, wer der Feind ist etc.), bei der Frage konstruktiver Lösungsvorschläge dann jedoch auf Lösungsansätze anderer Parteien und Richtungen zugreift.
Gustenau: Komplexität ist Herausforderung für Landesverteidigung
Der Frage, welche Herausforderungen mit der wachsenden politischen und gesellschaftlichen Komplexität aus verteidigungspolitischer und letztlich militärischer Sicht einhergehen, ging Brigadier Gustav Gustenau vom Verteidigungsministerium nach. Die Zunahme an Komplexität lasse sich auch in den Bedrohungsszenarien aufzeigen - Stichwort "hybride Kriegsführung" - und mache klare Prognosen über Bedrohungsszenarien fast unmöglich, so Gustenau.
Eine strategische Planung etwa der Landesverteidigung müsse daher zahlreiche Faktoren berücksichtigen - von politischen Entwicklungen über gesellschaftliche, soziale, technische Aspekte bis hin zu humanitären Fragen. Insgesamt würden rund 100 Faktoren in solche Szenarien einfließen - tatsächlich sei Österreich bei solchen strategischen Szenarien jedoch "dünn aufgestellt", merkte Gustenau an.
Zu einem Schlüsselbegriff sei inzwischen auch in der Landesverteidigung der Begriff der Resilienz (Widerständigkeit) geworden. Dahinter verberge sich die Frage, wie die Stabilität des Staates auch in einer Krisensituation gewährleistet werden kann, wenn einzelne Teilsysteme - etwa durch einen Strom-Blackout oder einen biologischen Angriff - zusammenbrechen, führte Gustenau aus. In einem solchen Szenario spiele das Militär eine Rolle - aber es sei eben nur ein Faktor unter vielen.
Die Vorträge von Heinisch und Gustenau bildeten den Auftakt zu den letzten drei Tagen der heurigen "Salzburger Hochschulwochen". Diese enden am Sonntag mit einem akademischen Festakt und einem Abschlussvortrag des scheidenden Salzburger Universitätsrektors Prof. Heinrich Schmidinger. (Infos: www.salzburger-hochschulwochen.at)
Quelle: kathpress