Salzburg: "Publikumspreis" für Erfurter Nachwuchs-Theologen
Der "Publikumspreis" der "Salzburger Hochschulwoche" geht heuer an den Erfurter Nachwuchs-Theologen Dominique-Marcel Kosack. Der mit 1.000 Euro dotierte Preis wurde am Donnerstagnachmittag in Salzburg vergeben. Er ist nach dem "Theologischen Preis" die zweite Auszeichnung, die im Rahmen der Hochschulwochen vergeben wird. Würdigt der "Theologische Preis" ein Lebenswerk, so versteht sich der heuer zum dreizehnten Mal vergebene "Publikumspreis" als Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler der Jahrgänge 1982 und jünger. Kosack setzte sich mit seinem Vortrag über Formen religiöser Identitätsstiftung und -destruktion u.a. gegen den Freiburger Kirchenrechtler Christoph Koller (2. Platz) und den Bonner Dogmatiker Moritz Findeisen (3. Platz) durch.
In seinem Vortrag ging Kosack der Frage nach, welchen Einfluss Religion auf die Ausbildung von Identität hat. Identitätsbildung gestalte sich heute multioptional und führe nicht selten zu prekären Lebensentwürfen und Biografien - in dieser Situation könne Religion zur Reduktion von Komplexität in den Lebensentwürfen beitragen. Dies berge jedoch stets die Gefahr fundamentalistischer Verkürzungen und Abkapselungen in sich.
Dagegen plädierte Kosack dafür, den Identitätsmuster immer wieder neu aufbrechenden Charakter von Religion nicht zu übersehen: "Religiöse Anschauung liefert keine Schablone für die Ausbildung fester Identitäten". Glaube schaffe gerade keine neue Sicherheit oder Kontrolle in einer komplexen Welt, sondern er verweise auf die "Ortlosigkeit und Nicht-Identität" des Menschen in der Welt. Der Glaube öffne demnach durch alle verständlichen Sehnsüchte nach sicheren Identitäten hindurch einen Spalt zur Unverfügbarkeit - dies gelte es gerade nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu verstehen.
Der 1989 geborene Kosack studierte von 2013 bis 2016 Katholische Theologie an der Universität Erfurt. Zuvor verbrachte er u.a. ein Theologisches Studienjahr an der Dormitio in Jerusalem. Seit 2017 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Dogmatik der Universität Erfurt bei Prof. Dr. Julia Knop.
Der mit 500 Euro dotierte zweite Preis ging an den 1987 geborenen, an der Universität Freiburg als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Kirchenrecht und kirchliche Rechtsgeschichte tätigen Christoph Koller. Koller zeigte in seinem Vortrag "Simplify you law" auf, wie die katholische Kirche speziell im Bereich des Kirchenrechts von Kriterien und Grundprinzipien des weltlichen Rechts lernen könnte. Kritik übte Koller in dem Kontext an einem gerade im Umgang mit komplexen Materien wie dem sexuellen Missbrauch unzureichend differenzierenden Kirchenrecht. Die Anwendung etwa der Grundprinzipien der Abstraktion, der Präzision und der Transparenz könnten helfen, die "Schwammigkeit des kirchlichen Rechts" zu reduzieren und so zu klareren Kriterien der kirchlichen Rechtsprechung zu kommen.
Der mit 300 Euro dotierte dritte Preis ging schließlich an den 1988 geborenen Moritz Findeisen, der am Lehrstuhl für Dogmatik und Theologische Propädeutik der Universität Bonn tätig ist. In seinem Vortrag plädierte Findeisen für einen modernitätsverträglichen Glaubensbegriff, der es erfordere, dass sich Theologie, Glaube und Kirche auf die Komplexität und Autonomie der Welt einlassen. Es gelte, dem "Unbehagen an der Moderne" gerade nicht mit der Option eines religiös imprägnierten Fundamentalismus zu antworten, sondern Kirche und Theologie sprachfähig zu machen und ein bewusstes "Ja" zur Moderne zu sprechen, so Findeisen. Dazu gehöre auch, zu akzeptieren, dass Glaube nur mehr als eine Option unter vielen zu denken ist. Vorsicht sei allen "Absolutismen" entgegenzubringen, die ein absolutes religiöses Wahrheitswissen und Eindeutigkeit in der Moral behaupten würden. Die aktuelle kirchliche Krisensituation sei vor diesem Hintergrund nicht zuletzt als ein "Versäumnis der Transformation der Kirche in die Moderne hinein" zu verstehen.
Eine Fachjury hatte im Vorfeld aus den Einreichungen drei anonymisierte Vorträge ausgewählt. Im Rahmen öffentlicher Vorträge zu je 25 Minuten lag es dann am Donnerstagnachmittag am Publikum, den Siegerbeitrag zu küren. Kriterien der Beurteilung sollten fachwissenschaftliche Qualität, inhaltliche Originalität sowie die kommunikative Transferleistung der Beiträge sein. (Infos: www.salzburger-hochschulwochen.at/publikumspreis)
Quelle: kathpress