Theologe Striet: Glaube ist vernünftig aber nicht heilsnotwendig
Der Glaube an Gott ist auch in einer säkularen, wissenschaftsbasierten Gesellschaft "vernünftig" - aber er muss als solcher erkennen, dass er nicht zwingend "heilsnotwendig" ist. Das hat der Freiburger Theologe Prof. Magnus Striet bei einem Vortrag am Dienstag im Rahmen der "Salzburger Hochschulwochen" in der Mozartstadt betont. Das Angebot eines grassierenden "Religionspopulismus", der gegen die liberalen, diskursiven Gesellschaften die Rede von der absoluten Wahrheit in Stellung bringe, sei weder trag- noch zukunftsfähig, so Striet. Vielmehr müsse der Glaube sich vor dem Hintergrund des modernen Freiheitsdenkens als vernünftig erweisen - oder revidiert werden:
Entweder Gott ist freiheitsliebend oder als kleingeistiger Gott, der nur Normen vorschreibt, nicht akzeptabel.
Striets Vortrag stellte die Fortsetzung des gestrigen Eröffnungsvortrages der "Salzburger Hochschulwochen" dar, in dem er vor den Versuchungen eines "Religionspopulismus" gewarnt hat. Die Hochschulwochen dauern noch bis 4. August und stehen unter dem Motto "Die Komplexität der Welt und die Sehnsucht nach Einfachheit".
"Vernünftig" sei der Glaube, insofern er im Kern eine Reaktion auf die Gewissheit des Todes darstelle und die Hoffnung ausformuliert, dass es einen Gott gibt, "der den Tod zu töten vermag", so der Freiburger Fundamentaltheologe weiter. Historisch lasse sich die Auferweckungshoffnung in dieser Form rekonstruieren. "Nur weil Gott als geschichtsmächtiger Gott nicht zu beweisen ist, ist daraus also nicht zu schließen, dass er nicht existieren kann." Überzeugend sei in dem Zusammenhang ein Axiom, das der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-45) in der NS-Haft formulierte, als er schrieb, der Mensch müsse in der Welt leben "etsi deus non daretur" - "als ob es keinen Gott gäbe" (Zitat Bonhoeffer: "Der Gott, der uns in der Welt leben lässt ohne die Arbeitshypothese Gott, ist der Gott, vor dem wir dauernd stehen").
Eine solche Grundhaltung im Glauben müsse sich weder konfrontativ "gegen eine wissenschaftsbasierte Gesellschaft stemmen", noch kollidiere sie mit dem Freiheitsbedürfnis des Menschen, führte Striet weiter aus. Zugleich aber müsse man sich vor diesem Hintergrund auch vom Paradigma der Heilsnotwendigkeit verabschieden - schließlich sei es vor dem Hintergrund der modernen Freiheitsgeschichte und der Pluralität von religiösen und a-religiösen Lebensentwürfen nicht mehr warum genau die eine Form des Glaubens Heilsnotwendigkeit beanspruchen dürfe. "Es gibt eine Lebensnotwendigkeit des Glaubens, aber keine Heilsnotwendigkeit", so Striet abschließend.
Quelle: kathpress