Katastrophenszenarien zielen auf Reinigung
Eine Analyse populärkultureller Katastrophenszenarien und der darin zu Tage tretenden Phantasien und "anthropologischen Enthüllungen" über das Wesen des Menschen hat die Wiener Kulturtheoretikerin und Germanistin Eva Horn bei den "Salzburger Hochschulwochen" vorgelegt. Kinofilme mit Endzeitszenarien würden ebenso boomen wie Serien, die in einer Zeit nach einer vermeintlichen Katastrophe spielen - sichtbar werde in diesen Szenarien vor allem, wie sehr sie von einer Sehnsucht nach Einfachheit und Reinigung geprägt seien. Kernidee eines solchen "Katastrophenbegehrens" sei die Annahme, dass erst die Katastrophe, also der Zusammenbruch der bisherigen Ordnung, die Dinge sichtbar mache, wie sie eigentlich liegen, so Horn.
Im Blick auf den Menschen würden Katastrophenszenarien "Momente einer anthropologischen Enthüllung" darstellen: "Wird der Mensch sich selbst zum Wolf oder führt der Wegfall der Ordnung zu einer neuen Solidarität?" Solche popkulturellen Phänomene hätten durchaus reale Entsprechungen etwa in den Milieus der "Prepper", die sich auf Katastrophen vorbereiten und stets gewappnet sind, sich im Notfall aus der Gesellschaft auszuklinken und autark zu leben. Problematisch werde dies laut Horn dort, wo der Katastrophe ein reinigender Charakter zugesprochen wird und zwischen Freund und Feind, zwischen der Rettung würdigen und nicht-würdigen Menschen unterschieden werde. "Dies sind Phantasien, die die Moderne stark geprägt haben und immer noch wirksam sind", so die Kulturtheoretikerin.
Horn referierte zum Auftakt der heurigen "Salzburger Hochschulwochen", die noch bis 4. August zum Thema "Die Komplexität der Welt und die Sehnsucht nach Einfachheit" in Salzburg stattfinden.
Quelle: kathpress