Schweifer: Österreich braucht mehr Entwicklungszusammenarbeit
Wenn am 31. August Christoph Schweifer seine Tätigkeit als Generalsekretär für die internationalen Programme der Caritas zurücklegt, dann verlässt ein ausgewiesener Experte für Entwicklungszusammenarbeit die größte heimische Hilfsorganisation. Die Bilanz im aktuellen Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" fällt nach 25 Jahren gemischt aus: Zwar gebe es unzählige kleine Erfolgsgeschichten gegen die großen Nöte unserer Zeit, zugleich werde aber noch viel zu wenig getan, um die globalen Herausforderungen solidarisch anzugehen. Und diese Kritik richtet sich auch an Österreich, das laut Schweifer noch weit davon weg sei, international vereinbarte Ziele bei der Entwicklungszusammenarbeit umzusetzen.
"Veränderung ist möglich", betonte Schweifer im Interview und verwies beispielsweise auf die Senkung der Kindersterblichkeit. "Mehr Kinder als je zuvor gehen heutzutage in die Schule", so der Soziologe. Ein besonderes persönliches Highlight sei die Rettung eines zweijährigen, stark fiebernden Mädchens gewesen, das in Syrien angeschossen wurde. "Nur durch die Hilfe der libanesischen Caritas hat es überlebt", erklärte er.
Bei der internationalen Hilfe liegt für Schweifer jedoch auch ein Wermutstropfen: "Es ist nicht gelungen, die österreichische Regierung zu überzeugen, ihren Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit zu leisten", sagte er und verwies dabei vor allem auf die "Sustainable Developement Goals" (SDGs), den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen, auf die sich Österreich verpflichtet hat. Demnach sollen alle teilnehmenden Staaten u.a. 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungshilfe investieren, in Österreich sei der Wert jedoch auf 0,26 Prozent gesunken. "Die SDGs sind eine menschheitsgeschichtlich erstmalige und einzigartige Möglichkeit, unseren Planeten zu einem besseren Ort für alle Menschen zu machen", so Schweifer, der kritisierte, dass die Bundesregierung dieses Investment in die eigene Zukunft unterlasse.
Nach 25 Jahren bei der Caritas sei es für ihn persönlich Zeit zu gehen: "Ich habe leichte Ermüdungserscheinungen und diese Aufgabe muss man mit frischem, wachen Blick angehen", so Schweifer, der auch einmal an der Spitze der Caritas Burgenland gestanden hatte. Seinem bisherigen beruflichen Bereich möchte er unter geänderten Bedingungen aber verbunden bleiben und künftig sein erworbenes Wissen anderen NGOs zur Verfügung stellen.
Lobende Worte von Caritas-Präsident Landau
Bereits im Mai hat die Caritas den bevorstehenden Wechsel an der Spitze ihrer Auslandshilfe bekannt gegeben. Caritas-Präsident Michael Landau äußerte dabei seinen großen Dank an Schweifer und wünschte ihm alles Gute für seine berufliche Zukunft. "Ich bedaure sein Ausscheiden sehr", so Landau. Schweifer habe für die Caritas-Schwerpunktländer Regionalprogramme entwickelt und die Zusammenarbeit der Diözesancaritas-Organisationen in Österreich weiterentwickelt und gestärkt. "Er hat die Caritas Österreich in ihrem internationalen Netzwerk fester verankert und als Fachmann und geachteter Partner in wichtigen Gremien, wie der Caritas Internationalis, der Caritas Europa, in der ORF-Stiftung 'Nachbar in Not', oder etwa der Globalen Verantwortung, der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe, vertreten."
Christoph Schweifer arbeitet seit 25 Jahren in der Caritas. 1994 wurde er zum Direktor der Caritas Burgenland bestellt, 2005 übernahm er die Funktion als Generalsekretär für internationale Programme der Caritas Österreich. Sofort war er mit der Koordinierung der Nothilfe und dem Wiederaufbau nach dem großen Seebeben im Indischen Ozean und dem darauf folgenden Tsunami von 2004 betraut. Er war bei Katastrophen unzählige Male persönlich in den betroffenen Regionen, um sich ein Bild von der Lage zu machen und rasche Hilfe zu organisieren - wie etwa in Haiti, auf den Philippinen, in Nepal und in vielen afrikanischen Ländern.
Schweifer selbst äußerte bei der Bekanntgabe seiner beruflichen Veränderung im Mai Dankbarkeit über die Zusammenarbeit mit engagierten und hochprofessionellen Caritas-Mitarbeitern in Österreich und in vielen Ländern der Welt. Das Zusammenwirken in der Caritas-Familie habe ihm "immer die Zuversicht und Hoffnung gegeben, dass wir diese Welt zu einem besseren Platz machen können".
Quelle: kathpress