Innsbrucker Telefonseelsorgerin unterstreicht Wert des Zuhörens
Auf den Wert des einfühlsamen Zuhörens für beide an einem Zwiegespräch beteiligten Personen hat die Innsbrucker Telefonseelsorgerin Astrid Höpperger hingewiesen. Der Sprecher habe das tiefe Bedürfnis, verstanden zu werden. "Wenn ihm wahrhaft zugehört wird, kann dieses Gefühl eintreten", sagte die Seelsorgerin in einem Interview der "Tiroler Tageszeitung" anlässlich des "Welt-Zuhör-Tags" am 18. Juli. "Wenn sich jemand öffnet, er ganz tief in sich hineinblicken lässt, ist das doch als Geschenk zu verstehen." Dem Zuhörenden könnten sich neue Perspektiven eröffnen.
Deswegen sage sie auch immer zu ihren Mitarbeitern, dass "Hören und Zuhören nicht dasselbe" sei. Nur beim Zuhören wende man sich einer Person ganz bewusst zu, erklärte die ausgebildete Theologin, Germanistin und Psychotherapeutin, die seit 30 Jahren die Tiroler Telefonseelsorge leitet. Die Bereitschaft und Kompetenz des Zuhörens habe sich in den vergangenen Jahren vermindert, was laut Höpperger zweierlei Gründe hat: "Zum einen, weil derzeit Bilder die Sprache ersetzen - mehr Schauen als Hören ist angesagt. Zum anderen, weil man sich über die sozialen Medien viel mehr als früher präsentiert und auch mehr von sich preisgibt." Der andere wird dadurch nicht mehr so wahrgenommen, das Ich stehe im Vordergrund. Allerdings ortete die Telefonseelsorgerin eine allmähliche Gegenbewegung hin zum wahren Zuhören.
Die in der heimischen Telefonseelsorge üblich gewordenen Online-Anfragen sowie die Mail-Beratung haben laut Höpperger ebenfalls ihren spezifischen Wert - es sei "wie das Schreiben eines Briefes früher". Im Internet falle es Menschen leichter, persönlichere und dramatischere Themen zu kommunizieren. "Man fühlt sich offenbar mehr geschützt."
Die Telefonseelsorge Innsbruck sucht derzeit Verstärkung für ihr Ehrenamtlichen-Team, das im vergangenen Jahr mit rund 15.000 Anrufen bei der Notrufnummer 142 und Onlineanfragen beschäftigt war. Astrid Höpperger sucht Menschen zwischen 25 und 65 Jahren "mit Zeit, Einfühlungsvermögen, belastbar und offen dafür, sich mit sich und anderen auseinanderzusetzen", wie es auf der Innsbrucker Diözesanwebsite heißt. Im September startet die neunmonatige kostenlose, fundierte Ausbildung, darauf folgt der selbständige Dienst am Telefon begleitet durch Supervision und Fortbildung. (Kontakt: telefonseelsorge@dibk.at)
Womit Telefonseelsorger heute häufig inhaltlich konfrontiert sind, war Thema der internationalen Fachtagung "Einsamkeit - eine Seuche unserer Zeit" in Udine, an der auch das Team der Telefonseelsorge Innsbruck teilnahm. Gerade in der Urlaubszeit würden Gefühle aufkommen wie "Ich bin völlig allein. Ich habe niemanden zum Reden, keine Familie, keine Freunde, und ich habe keine Hoffnung, dass das jemals aufhört", erläuterte Höpperger. Die Entwicklung von der Mehrgenerationenfamilie zu Klein-, weiter zu Einzelfamilien und letztlich zu Singlehaushalten habe dazu geführt, dass soziale Bindungen brüchig werden und sich als wenig verlässlich erweisen. Virtuelle Beziehungen über die sozialen Medien würden dem nicht abhelfen. (Info: www.dibk.at/Meldungen)
Quelle: kathpress