Weltweit besuchen 60 Millionen Kinder eine katholische Schule
Weltweit besuchen 60 Millionen Kinder und Jugendliche eine katholische Schule, Tendenz steigend. Darauf hat Christine Mann, Präsidentin des Europäischen Komitees für das Katholische Schulwesen (CEEC), im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" hingewiesen. In Europa seien es rund 8,5 Millionen Schülerinnen und Schüler. Zähle man noch andere konfessionelle Schulen hinzu, seien es sogar zehn Millionen Kinder.
Nach dem Zweiten Weltkrieg seien nicht nur das katholische, sondern auch das evangelische und jüdische Schulwesen wiedererstanden. Dazu kamen in fast allen europäischen Ländern ein orthodoxes, ein muslimisches und ein freikirchliches Schulwesen, "das sich nach und nach ebenfalls europa- und weltweit organisiert - übrigens nach katholischem Vorbild". Insbesondere im orthodoxen Schulwesen sei noch "genug Luft nach oben". Die größten Wachstumsraten verzeichne - wenn auch auf noch geringem prozentuellen Niveau - das freikirchliche konfessionelle Schulwesen.
Abgesehen von den insgesamt wachsenden europäischen und weltweit stark zunehmenden Schülerzahlen sind laut Mann einzelne Entwicklungen hoch interessant, weil sie zeigten, "dass das katholische Schulwesen unter verschiedensten staatskirchenrechtlichen Bedingungen leben und gedeihen kann".
Niemand würde wohl vermuten, dass das laizistische Frankreich mit über zwei Millionen Schülern die höchsten Zahlen aufweist, dass in Belgien bis zu 75 Prozent aller Schüler katholische Schulen besuchen. Ähnliches gelte für den Primarschulbereich in Irland. Und das Land mit den höchsten Zuwachsraten an katholischen Schulen sei derzeit "ausgerechnet das einstmals als religionslos programmierte Albanien", so Mann. Die Theologin und Juristin leitete früher über viele Jahre das Wiener Erzbischöfliche Schulamt und das Interdiözesane Amt für Unterricht und Erziehung (IDA).
Vielfalt der Orden
Träger der katholischen Schulen sind entweder Orden oder Diözesen. Mann würdigte das Engagement beider Trägergruppen. Im Hinblick auf die Orden fügte sie hinzu: "Was mich persönlich bei internationalen Symposien immer sehr beeindruckt, ist die Vielfalt der Orden, die außerhalb von Europa Schulen führen: Jung, ohne jede europäische Depression, ihre Namen sind uns in Europa völlig unbekannt, sie wirken mit unglaublichem Erfolg teils in Ländern, in denen Christen nur eine Minorität darstellen. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir manchmal mit unseren Statistiken der Schüler-und Schulzahlen gar nicht nachkommen."
Die Orden "sind durch ihre weltweite Verwurzelung Spezialisten für einen konstruktiven Umgang mit Vielfalt, mit kultureller Differenz bei Wahrung der eigenen Identität. Von ihnen kann Europa das lernen, was derzeit dringend eingeübt werden muss."
Auf weitere große Herausforderungen angesprochen nannte Mann vor allem die Finanzen: "Da katholische Schule für alle da sein will, sind in der Schulgeldgestaltung natürliche Grenzen gegeben." Dann gebe es die Frage nach der Aufnahme nichtkatholischer Kinder: "Ja oder nein? In welchem Verhältnis, in welcher Reihenfolge der Aufnahme? Welchen Religionsunterricht haben sie zu besuchen?" Freilich seien das auch typisch europäische Fragen, denn: "Wir haben weltweit katholische Ordensschulen, in denen nur ein minimaler Prozentsatz an katholischen Lehrkräften und zugleich an katholischen Kindern und Jugendlichen vertreten ist."
Zur Frage, was eine katholische Schule besonders auszeichnet, meinte Mann: Vor allem die katholische Weite, die sich in doppelter Hinsicht manifestiert: Entwicklung von Identität, auch in ihrer bleibenden Widerständigkeit und zugleich Öffnung hin auf die jeweilige gesellschaftliche Situation und ihre Herausforderungen." Wie sich das in der konkreten Pädagogik des einzelnen Schulerhalters und seiner Schule niederschlägt, sei vielfältig, kreise aber immer um das gleiche Zentrum:
Jedes Kind ist einmalig und so schon vor aller Leistung von Gott angenommen. Im Erwerb von Bildung auch in ihrer religiösen Dimension, in der Erbringung von Leistung, aber auch in der Entfaltung von Grundtugenden und im Spiel entfaltet sich Menschsein.
Und wie werde eine katholische Schule zu einem Ort der Evangelisierung? - Mann:
Durch Wort und Tat. Predigt, Leitbild und Belehrung allein kommen nicht an, wenn ihnen nicht die Schulrealität, der ganz normale Schulalltag entspricht. Praxis allein, mag sie auch noch so solidarisch und wertschätzend sein, ohne das erklärende und deutende Wort greift sehr oft auch zu kurz.
Quelle: kathpress