Telefonseelsorge registriert immer mehr Online-Anfragen
Die von der katholischen und der evangelischen Kirche getragene Telefonseelsorge registriert immer mehr Online-Anfragen. Vor allem junge Menschen aus der Generation Y (1980-1997) und der Generation Z (1997-2012) würden Hilfe in schwierigen Lebenssituationen dort suchen, wo sie auch bei anderen Problemen Lösungen fänden, also im Internet, berichtete die Leiterin der "TelefonSeelsorge" Wien, Marlies Matejka, am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Linz. Eine positive und hilfreiche Beratungsbeziehung könne auch im Rahmen internetbasierter Beratung aufgebaut werden, "wenn der Berater dem Ratsuchenden echte Empathie, Wertschätzung, Neutralität, Wohlwollen und Unvoreingenommenheit entgegen bringt", so die Expertin.
Die Telefonseelsorge bietet seit 2012 E-Mail-Beratung und seit 2016 auch Chatberatung an (www.onlineberatung-telefonseelsorge.at). Während die klassische "TelefonSeelsorge" unter dem rund um die Uhr kostenlos erreichbaren Notruf 142 laut Matejka überwiegend von über 40-Jährigen in Anspruch genommen wird, setzt der Großteil der unter 40-Jährigen auf die angebotene Onlineberatung. Letztere würden Beziehungen selbstverständlich über digitale Medien knüpfen und pflegen. "Es stellt sich daher die Frage, welchen Einfluss Digitalisierung auf die Art hat, wie Beziehungen gelebt werden", so die Leiterin der Telefonseelsorge Wien.
Thomas Kapitany, Geschäftsführer und stellvertretender Ärztlicher Leiter des Kriseninterventionszentrums Wien, wies in seinem Statement darauf hin, dass die Kommunikation im Internet für Menschen neue Möglichkeiten darstelle. Für Menschen, die sich schwertäten, Persönliches und besonders Not und Leid zu kommunizieren, seien Internet und Onlineberatung eine anonyme Möglichkeit mit niedriger Schwelle, Ängste und hinderliche Schamgefühle zu überwinden und sich mitzuteilen.
Kapitany betonte aber auch die Ambivalenz der Angebote im Internet: "Inhaltlich ist die Onlinewelt offen in alle Richtungen, für Konstruktives genauso wie für Destruktives. Das bedeutet, dass suizidale User sowohl hilfreiche suizidpräventive als auch suidzidfördernde Informationen und Angebote finden." Problematisch seien Angebote, wenn sie vor allem Hilfestellung in der Auseinandersetzung mit Suizidmethoden anbieten würden. Hilfreich bei Suizidalität seien beispielsweise die Mail- und Chatberatung, wenn sie Verständnis und Sympathie entgegenbrächten, sodass gefährdete Personen mit ihrer Verzweiflung und ihren suizidalen Gedanken und Vorstellungen angehört und nicht abgelehnt würden, so Kapitany.
Statistiken der "TelefonSeelsorge" und des Kriseninterventionszentrums zeigen demnach, dass besonders suizidgefährdete Menschen den Online-Kanal der Hilfesuche wählten und sich dabei leichter täten, sich zu öffnen. Kapitany:
Erfreulich ist, dass die Suizidraten in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken sind und damit klar ist, dass suizidpräventives Handeln erfolgreich ist und Suizide verhindert werden können. Das Medium der Onlineberatung stellt dabei eine wichtige Ergänzung in der Suizidprävention dar.
(Info: Telefonseelsorge-Notrufnummer 142; Chat- und Mailberatung unter www.onlineberatung-telefonseelsorge.at)
Quelle: kathpress