Elbs: Christen sollen Ohnmacht und Macht der Feindesliebe leben
Obwohl das christliche Gebot der Feindesliebe eine moralische Überforderung ist, sollen Christen versuchen, diese Provokation zu leben. Das hat Bischof Benno Elbs bei einem Gottesdienst mit den derzeit in Mariazell versammelten Mitgliedern der Österreichischen Bischofskonferenz unterstrichen. Jesu Worte über die Feindesliebe seien zwar radikal und irritierend, so Elbs bei der Frühmesse am Dienstag unter Bezugnahme auf das Tagesevangelium. Sie rücke jedoch Haltungen zurecht und ermögliche Alternativen, "wo bislang der Automatismus von Gewalt und Gegengewalt geherrscht hat". Die Feindesliebe mache für das Zusammenleben zudem deutlich: "Auch wenn die Auseinandersetzung scharf ist, muss der Gegner stets als Mensch betrachtet werden." Von daher beinhalte die Feindesliebe "Ohnmacht und Macht" zugleich.
"Feindesliebe ist Ausdruck der Armut" führte der Feldkircher Bischof weiter aus. Konkret gelebt sei sie der "Verzicht auf den Triumph über den anderen, Verzicht darauf, Hassgefühlen Raum zu geben und Verzicht auf die Versuchung, Gewalt mit Gegengewalt zu begegnen". Als beeindruckendes Beispiel dieser Haltung verwies Elbs auf Antoine Leiris, der nach dem Tod seiner Frau beim Terroranschlag im Pariser Bataclan 2015 die inzwischen vielzitierten Worte in Richtung der Attentäter und Drahtzieher sagte:
Freitagabend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht. Ich werde euch nicht das Geschenk machen, euch zu hassen.
Christen sollen an der von Jesus vorgelebten Feindesliebe Maß nehmen und dabei "Stellvertreter für seine Liebe sein, die reich und arm, mächtig und ohnmächtig zugleich macht", sagte Bischof Elbs. Die damit absehbare Überforderung könne Gläubige auch daran erinnern, dass es "in der Auseinandersetzung mit dem Gott der Bibel, wie er uns in Jesus Christus begegnet, nie einen Endpunkt, nie ein Fertigwerden, nie ein Genug gibt". Denn:
Wer sich auf den Gott Jesu Christi einlässt, ist ständig auf dem Weg - in lebendiger Unruhe.
Die österreichischen Bischöfe setzen am Dienstag ihre insgesamt dreitägigen Beratungen im steirischen Marienwallfahrtsort fort. Hauptthema der Vollversammlung sind die Ergebnisse der letztjährigen Jugendsynode und des päpstlichen Synodendokuments "Christus vivit". Zum entsprechenden Studienteil werden die Bischöfe mit Jugendlichen aus ganz Österreich und den unterschiedlichsten Organisationen und Initiativen zusammentreffen.
Am Mittwoch wird erstmals der neue Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, an der Konferenz teilnehmen. Im Anschluss an das Gespräch und zum Abschluss der Tagung wird der Nuntius mit den Bischöfen am Mittwoch um 11.15 Uhr den Festgottesdienst in der Wallfahrtsbasilika Mariazell feiern, zu dem die Gläubigen eingeladen sind. Der Messe wird der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler vorstehen, der auch die Predigt hält.
Quelle: kathpress