Stift Wilhering mit neuen "Räumen der Gastfreundschaft"
Mit einer Festmesse, einem Festakt und einer Turmkreuzsegnung ist am Sonntag im oberösterreichischen Zisterzienserstift Wilhering der Abschluss der umfangreichen Renovierungs- und Neugestaltungsarbeiten gefeiert worden. Mit der Neugestaltung wolle man "Räume der Gastfreundschaft und der Spiritualität öffnen und gestalten", so Abt Reinhold Dessl. In seiner Predigt beim Festgottesdienst sagte der Abt:
Lassen wir uns hineinziehen in das lebendige Kommunikationsgeschehen Gottes und schaffen wir Orte der Gastfreundschaft, seien wir ein Ort dieser Gastfreundschaft. Schon der heilige Benedikt habe betont, dass uns in den Gästen Christus entgegenkommt.
Gott sei nicht einzufangen in Lehrsätzen, Dogmen oder mathematischen Formeln. "Gott ist vielmehr Wirksamkeit und ein lebendiges Kommunikationsgeschehen. Heute, am Dreifaltigkeitssonntag, bedenken wir, dass die Liebe Gottes in Jesus Fleisch geworden ist und im heiligen Geist unter uns wirkt", so der Abt. Er erinnerte an die Erfahrung, dass geteilte Liebe nicht weniger wird sondern mehr.
Dessl verwies auch auf ein Bildwort des Heiligen Bernhard von Clairvaux, des Ordensgründers der Zisterzienser:
Sei kein Kanal, sondern sei wie eine Schale, die sich selbst füllen lässt und dann überfließt zu den Anderen. Seien wir ein lebendiges Auffangbecken für die Liebe Gottes.
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer segnete bei der Feier auch das neu renovierte Turmkreuz, das im Anschluss aufgezogen und auf die Spitze des sanierten Turmes wieder "eingesteckt" wurde. In einer Zeitkapsel, die im Kirchenkreuz deponiert wurde, sind u.a. eine Urkunde sowie ein aktueller Jahresbericht des Wilheringer Stiftsgymnasiums enthalten.
Für das Land Oberösterreich nahm Altlandeshauptmann Josef Pühringer an den Feierlichkeiten teil. Er betonte in seinem Grußwort, dass das Stift Wilhering mit der Neugestaltung zu einer besonderen Visitenkarte für ganz Oberösterreich geworden sei.
Dieser neue Hof und die Räumlichkeiten sind ein Zeichen für eine neue Öffnung hin zu den Menschen, an der Spiritualität und der Lebenserfahrung des Klosters teilzunehmen.
Viele Menschen suchten heute Nähe, Orientierung und Geborgenheit. Und hier liegen laut Pühringer die Chancen der Klöster und Ordensgemeinschaften.
Umfangreiche Arbeiten
Die umfangreichen Renovierungsarbeiten fanden im Vorfeld des 875-Jahr-Jubiläums von Stift Wilhering statt, das 2021 begangen wird. Insgesamt wurden rund 3,5 Millionen Euro investiert. Die alte Stiftstaverne wurde zu einem Wohnhaus mit zehn Wohneinheiten umgebaut, die vor allem einem sozialen Aspekt dienen. Im alten Meierhof wurde eine neue Klosterpforte eingebaut. Dort gibt es nun auch einen Shop und während der Öffnungszeiten lädt ein Cafe zum Verweilen ein. Der neue Benediktus-Saal für bis zu 160 Personen bietet Raum für Vorträge, Versammlungen, Feiern und Begegnungen. Ein neugestaltetes Museum lädt zum Gang durch Geschichte und Kunst des Klosters ein und ist als Ort zum Verweilen gedacht. Neu geschaffen wurden weiters ein barrierefreier Eingang zur Stiftskirche und ein Andachtsraum im ehemaligen Kapitelsaal. Auch die Kirchturmfassade erstrahlt wieder in neuem Glanz.
Natur, Kultur und Religion
Am markantesten bemerkbar ist die Neugestaltung aber im großen Stiftshof. Der Hof wurde nach den drei Stichwörtern gestaltet, die für das Stift Wilhering zentral sind: Natur, Kultur und Religion. Jeder Bereich wurde u.a. von Künstlern mit Skulpturen gestaltet.
Für das Thema "Natur" schuf der Salzburger Bildhauer Wilhelm Scherübl eine Skulptur mit überdimensionalen runden Betonformen. Eine Linde wächst dabei aus einem Betontisch heraus, um laut dem Künstler die "Spannung von Lebendigkeit und Starrheit" zu thematisieren und "dynamische Prozesse anzustoßen und dann aus der Hand zu geben". Weiters machen liegende und stehende Betonringe die verschiedenen Sichtweisen des Lebens deutlich.
Der Schweizer Künstler David Spoerri war für den "Kulturraum" des Stiftshofs zuständig: Zwei Bronzereliefs wurden auf der Vorderfront eines weißen, in der Hofmitte aufgestellten Marmoraltars montiert und zeigen einen "Tisch der Armen" sowie einen "Tisch der Reichen", jeweils mit durch Patina überzogenen Küchenutensilien und Lebensmitteln.
Für das Spiritualitätsthema steht die bereits im Jahr 1837 von Franz Schneider geschaffene "Religio"-Statue mit den Glaubenssymbolen Bibel, Kreuz und Wasser, die künftig von einer kleinen Baumallee Richtung Stiftskirche umgeben sein wird.
Seelsorge, Bildung, Kultur
Das 1146 vom Stift Rein aus gegründete Kloster Wilhering zählt seit seiner Neuerrichtung nach einem Brand 1733 zu den bedeutendsten Rokoko-Bauten Österreichs. 1940 bis 1945 war das Stift vom NS-Regime enteignet. Derzeit gehören der Klostergemeinschaft 20 Mönche - darunter 19 Priester und ein Laienmönch - an. Die Patres sind für die Seelsorge in 14 Stiftspfarren und zwei Diözesanpfarren zuständig. Das 1895 gegründete Wilheringer Stiftsgymnasium wird als Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht aktuell von rund 540 Schülerinnen und Schülern besucht. Die landwirtschaftlichen Stiftsbetriebe sind wichtiger regionaler Arbeitgeber, das Wilheringer Sommertheater ein Fixpunkt der oberösterreichischen Kulturszene. (Info: www.stiftwilhering.at)
Quelle: kathpress