Diözese St. Pölten entwickelt Archiv für das digitale Zeitalter
Im digitalen Zeitalter von Algorithmen und dem Auseinanderdriften von Intelligenz und Bewusstsein versprechen Archive eine Verlässlichkeit. Darauf macht der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz zum "Internationalen Tag der Archive" laut der aktuellen Ausgaben der "Kirche bunt" aufmerksam. Zu Pfingsten hatten dazu drei große Archive in St. Pölten - das Diözesanarchiv, Landesarchiv und das Stadtarchiv - ihre Türe geöffnet. Der Blick in die Vergangenheit sei auch eine Zukunftssicherung, betonte Schwarz im Blick auf neueste technologische Möglichkeiten. In Zukunft werde es ein digitales Archiv geben, meinte dazu Thomas Aigner, Leiter des Diözesanarchivs in St. Pölten, in einem Interview in der "Kirche bunt". So könnten Archive ein "Big Data" der Vergangenheit bilden, vernetzen und unterstützen.
Schon in 20 Jahren solle es möglich sein, mittels einer speziellen Brille durch das historische St. Pölten im Jahr 1880 spazieren zu können, prognostizierte Aigner. Hinter dem futuristischen Ziel steht das internationale und von der EU unterstützte Technologieprojekt "Time Machine", das historische Information digitalisiert und verknüpft. Dafür notwendig seien Archive, die schon jetzt dazu beitragen, Frieden zu sichern und Kontexte zu erklären, ohne die ein alter Dom "nur ein Steinhaufen" wäre, so Aigner.
Die beiden digitalen Großprojekte ICARUS, wie auch "Time Machine", vernetzen Archive und Universitäten und wollen den Zugang zu archiviertem Wissen mittels Digitalisierung erleichtern. Mit dem neuen Technologieprojekt "Time Machine" habe man sich zum Ziel gesetzt, zu erkennen, "was welche politischen oder gesellschaftlichen Ereignisse in der Regel noch nach Jahren an Folgewirkungen auslösen können", erklärte Aigner, der federführend beim internationalen Archiv-Netzwerk ICARUS beteiligt ist.
Zu Beginn des Archiv-Netzwerks Anfang der 2000er-Jahre, wollte Aigner ursprünglich nur die Urkunden der niederösterreichischen Stifte digitalisieren und ins Netz stellen. Aus der Idee wurde das 2008 gegründete ICARUS-Projekt, ein kollaboratives, solidarisches Netzwerk, das heute aus knapp 200 Archiven und Universitäten aus zehn Ländern besteht. Aktuell arbeitet Aigner gemeinsam mit 400 Institutionen aus der ganzen Welt, wie Archive, Universitäten, wissenschaftliche Einrichtungen, Forschungsinstitute, aber auch die Industrie, an der Entwicklung von Geräten, die das Scannen von Schriften, Fotos, aber auch von 3D-Projekten wie Gebäuden schnell und billig ermöglichen können.
Ziel sei es v.a. die Arbeitswege in der diözesanen Verwaltung effektiver und schneller zu gestalten, erläuterte Aigner. Mit Hilfe des "Big Data der Diözesanverwaltung" brauche man nicht mehr lange nach einem handgeschriebenen Akt suchen, sondern könne innerhalb von Sekunden darauf zugreifen.
Archive sichern Frieden
Archive könnten aktuelle politische Entwicklungen oder auch die Landkarte Europas erklären. Denn das sei "nicht das Ergebnis weniger Jahre, sondern die Wurzeln dafür liegen viele Jahrhunderte zurück", betonte der Diözesanarchivar. Archive - egal ob digital oder nicht - würden dazu beitragen, dass Menschen aus der Geschichte lernen könnten. Das zeige sich für Aigner am Beispiel des Friedensprojekts der Europäischen Union.
Einen wichtigen Teil des historischen Gedächtnisses stellen auch persönliche Andenken dar, ist Aigner überzeugt. Anlässlich des internationalen Tags der Archive lud das Diözesanarchiv der Diözese St.Pölten Menschen historische Fotos, Briefe oder Dokumente mitzubringen. Diese privaten Andenken seien wertvoll und würden "die historische Überlieferung, die wir in den Archiven haben, wunderbar ergänzen", erklärte Aigner abschließend.
Quelle: kathpress