Christen solidarisieren sich mit Homosexuellen
Einen ökumenischen Gottesdienst als "Zeichen der Vielfalt der Schöpfung Gottes" haben Vertreter der christlichen Kirchen am Donnerstag anlässlich der bevorstehenden Regenbogenparade in der Wiener Michaelerkirche gefeiert. Die Parade ist der Höhepunkt eines umfassenden Programms, das bereits am 1. Juni begonnen hat. Der im Rahmen der "Euro Pride" abgehaltene "Pride Prayer" sei für alle offen gewesen, "egal wen sie lieben, welches Bekenntnis sie haben, welchem Geschlecht sie sich zuordnen oder auch nicht, hieß es am Freitag in einer Aussendung. Katholischerseits nahmen u.a. P. Erhard Rauch, Gregor Jansen und P. Rudolf Decker daran teil.
Der reformierte Landessuperintendent und Vorsitzende des Ökumenischen Rats der Kirchen, Thomas Hennefeld, rief in seiner Predigt dazu auf, "das Verbindende vor das Trennende zu stellen". Diese Formel dürfe allerdings nicht als Aufruf zu einem "Kuschelkurs" fehlinterpretiert werden.
Hennefelds Analyse des Status quo fiel auch im Jahr eins nach der Freigabe der standesamtlichen Hochzeit für Homosexuelle nüchtern aus: Es sei eine "Ironie", dass ausgerechnet unter der gefallenen Regierung ein Gesetz zur Ehe für alle beschlossen wurde, nur weil sich glücklicherweise die Regierungsparteien nicht einigen konnten. Der Landessuperintendent spielte dabei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof aus dem Jahr 2017 an, das den Weg für die "Ehe für alle" erst frei gemacht hatte.
In Österreich und international gebe es gegen solche Entwicklungen massiven Widerstand; oft würden "Schwule und Lesben abschätzig als minderwertig, fehlgeleitet oder als krank stigmatisiert und beschimpft, in vielen Ländern verfolgt oder mit dm Tod bedroht", kritisierte der Landessuperintendent.
Auch die Kirchen seien von einer moralisierenden und verurteilenden Grundhaltung gegenüber Homosexuellen nicht ausgenommen. "Oft sehr fromme und bibeltreue Leute verurteilen Homosexualität und erklären sie zur Krankheit. Kein Wunder, dass Schwule und Lesben Kirchen mit so einer Lehre den Rücken kehren", so die Einschätzung Hennefelds.
In der evangelisch-reformierten Kirche (Evangelische Kirche H.B.) wurde am 16. März beschlossen, dass künftig auch homosexuellen Paaren die Trauung offen steht. Darauf hat sich die Synode H.B. am 16. März einstimmig geeinigt. Damit ist eine völlige Gleichstellung verheirateter homo- und heterosexuellen Paare erreicht.
Kollekte geht an Rehabilitationsprogramm "Lifegate"
Die Kollekte des "Pride Prayer" geht heuer an das interkonfessionelle Rehabilitationsprogramm "Lifegate" im Westjordanland, das Christen und Muslime mit geistigen und körperlichen Behinderungen betreut. Im Rahmen der "Euro Pride" von 1. bis 16. Juni finden in Wien weitere religiöse Events statt: Am Freitag, dem 14. Juni, macht die liberale jüdische Gemeinde "Or Chadasch" mit dem "Pride Schabatt" den Auftakt zur Regenbogenparade am Samstag. Dem Marsch schließt sich die interreligiöse Initiative "Religions for Equality" mit Buddhisten, Juden und Christen an, die dazu auch eigene T-Shirts gestaltet haben.
Die jährlich an einem anderen Ort ausgetragene "Euro Pride" versteht sich als "die große gemeinsame Pride-Veranstaltung der europäischen LGBTIQ-Community". Organisiert wurde die diesjährige Ausgabe in Wien von der Homosexuellen Initiative unter dem Motto "together & proud". Die Regenbogenparade auf der Wiener Ringstraße findet am 15. Juni zum 24. Mal statt.
Quelle: kathpress