Bischof Scheuer: Kirche erlebt beispiellose Vertrauenskrise
Laut dem Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer erlebt die katholische Kirche als Institution im Moment "eine beispiellose Vertrauenskrise, befeuert durch zu Tage getretene Missstände, durch die Missbrauchsfälle, durch Strukturen von Macht und Gewalt in kirchlichen Einrichtung". Dies gehe so weit, dass selbst ehrenamtlich engagierte und überzeugte Christen der Kirche als Institution ihr Vertrauen entziehen würden:
Je mehr Kirche jedoch an Zuspruch verliert, desto mehr verliert sie auch an Möglichkeiten zur positiven gesellschaftlichen Einflussnahme.
Dies betonte der Bischof beim diesjährigen Empfang von Medienvertretern am Mittwochabend im Linzer Bischofshof.
Was die Kirche nun brauche, sei "Realismus, aber auch Mut und Tatkraft für neue Wege. Selbstkritik, aber nicht Selbstzerfleischung. Einen wertschätzenden Umgang miteinander, der ausstrahlt auf die Gesellschaft. Solidarische Empathie, die aus dem Glauben heraus gelebt wird und für die Gesellschaft einen unverzichtbaren Mehrwert hat", so Scheuer. Würden Christen für entgrenzte Solidarität eintreten, so müssten auch ihre eigenen kirchlichen Institutionen und christlichen Lebensformen für diese Weite und Offenheit stehen, denn: "Selbstbezüglichkeit, Kleinlichkeit und Autoritätsfixierung wirken kontraproduktiv."
Aber auch das Vertrauen in die Politik bzw. in die vom Volk gewählten politischen Vertretern sei in den letzten Wochen schwer erschüttert worden. Wenn Vertrauen erodiert, brauche es immensen Aufwand, um das Vertrauen wiederherzustellen, was nicht immer gelinge, so Scheuer. "Mangelndes Vertrauen, das sich in einem gesellschaftlichen Gegeneinander, in einem Polarisieren und Ausspielen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen manifestiert, zerfrisst die Gesellschaft. Auch wir als Kirche spüren das", so Scheuer.
Religionsgemeinschaften hätten grundsätzlich das Potenzial, kulturelle Identität zu fördern und zu einer wesentlichen Quelle sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft zu werden. Die gesellschaftlichen Risse würden jedoch bin in die Kirche hineinreichen: "Häufig sind politische und ethische Differenzen zwischen Kirchenmitgliedern massiver als zwischen unterschiedlichen Konfessionen", erläuterte der Bischof.
Bereits zum dritten Mal empfing Bischof Scheuer Medienvertreter im Bischofshof. Unter den Teilnehmern waren außerdem Generalvikar Severin Lederhilger, die Bischofsvikare Wilhelm Vieböck und Adi Trawöger, Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl, Finanzdirektor Reinhold Prinz, Caritas-OÖ-Direktor Franz Kehrer, Schulamts-Direktor Franz Asanger, die Vorsitzende der Frauenkommission Maria Eicher, Ordinariatskanzler Johann Hainzl, die Präsidentin der Katholischen Aktion (KA) Oberösterreich, Maria Hasibeder, und KA-Generalsekretär Bernhard Rudinger.
Quelle: kathpress