Gender-Dokument: Kritik auch von Frauen- und Männerbewegung
Keine Gefahr einer "Gender-Ideologisierung" in Schulen oder Gesellschaft sehen die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) und die Katholische Männerbewegung Österreich (KMBÖ). Bezugnehmend auf das jüngst vorgestellte Vatikan-Dokument zum Thema Gender-Theorie meinte Regina Augustin, Generalsekretärin der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, im Gespräch mit "Kathpress", dass das Schreiben der Kongregation für das Katholische Bildungswesen den aktuellen Genderdiskurs nicht ernst nehme und anthropologische sowie soziale Phänomene leugne. Ernest Theußl, Vorsitzender der Katholische Männerbewegung Österreich, warnte davor, "überall eine Ideologie zu sehen, wenn etwas dem kirchlichen Mann-Frau-Bild widerspricht".
Das christliche Menschenbild setze sich in besonderer Weise für marginalisierte Gruppen ein, dazu würden in vielen Teilen der Welt auch Frauen gehören, meinte Augustin. Auch wenn in Österreich Frauen in einer "privilegierten Situation" seien, dürfe man diskriminierte Frauen oder andere Lebensweisen nicht ausklammern.
Die Theologin zeigte sich enttäuscht, dass der Vatikan in seinem Schreiben mit dem Titel "Maschio e femmina li creo. Per una via di dialogo sulla questione gender nell'educazione" ("Als Mann und Frau schuf er sie. Für einen Weg des Dialogs zur Genderfrage in der Bildung") die globalen Geschlechterungerechtigkeit aussparte und sich v.a. auf biologische Argumente bezog. "Der Genderdiskurs betrifft auch religiöse, spirituelle, anthropologische und soziale Themen; dieses Wissen kann uns Christen beim Aufbau einer gerechten Gesellschaft helfen", so Augustin.
Das am Montag veröffentlichte Schreiben stelle die Gender-Theorie "in eine ideologische Ecke", verkürze den Diskurs und tappe damit selbst in eine "Ideologie-Falle", fasste Augustin zusammen. "Das eine wird gegen das andere ausgespielt", so die kfbö-Generalsekretärin, die einen seriösen Dialog zwischen Kirche, Wissenschaft und Gesellschaft forderte.
Wichtiger als Gender-Forschung oder -Theorien ist für KMBÖ-Vorsitzenden Theußl ein "respektvoller Umgang zwischen den Geschlechtern". Gleichzeitig betonte er, dass Kritik an Gender-Forschung berechtigt sei, wenn man "als Mann das Gefühl hat, sich für das eigene Geschlecht entschuldigen zu müssen". "Erziehung prägt Buben und Mädchen" und damit auch ihren Umgang mit Themen, wie Sexualität, erklärte Theußl. In Kindergärten und Schulen sei das Wissen um geschlechtersensible Erziehung oder der Co-Edukation "schon lange" vorhanden, meinte der pensionierte Pädagoge und plädierte für einen "natürlichen Umgang", wenn es darum gehe, mit Kinder und Jugendlichen über Geschlecht, Sexualität usw. zu sprechen.
Quelle: kathpress