Öffnung des Priesteramtes löst nicht alle Probleme
Es sei ein Irrtum zu meinen, mit geänderten Zugangsbestimmungen zum Priesteramt bzw. mit dessen Öffnung für verheiratete Männer und Frauen seien "alle Probleme gelöst". Darauf hat der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn am Mittwochabend beim Sommerempfang für Vertreter von Medien, Wirtschaft und Kultur hingewiesen. Scherzhafter Nachsatz: "Damit oute ich mich jetzt als schrecklicher Reaktionär." Entscheidendes Kriterium dafür, Priester zu werden, ist laut Schönborn "echte Leidenschaft für Gott und die Menschen". Wenn das nicht gegeben sei, müsse man sagen: "Hands off!"
Der Kardinal relativierte die oft gehörte Rede vom Priestermangel mit dem Hinweis auf den komplementären "Gläubigenmangel". Heute gebe es mehr Priester pro praktizierendem Katholiken als noch vor 50 Jahren.
Der traditionelle Empfang im noch im Umbau befindlichen Innenhof des Erzbischöflichen Palais war einer der ersten öffentlichen Auftritte des Kardinals nach seiner Prostatakrebsoperation am 7. Mai. Es gehe ihm gut, auch wenn er noch rekonvaleszent und "auf Halbtempo" sei, antwortete Schönborn auf die Frage seines moderierenden Pressersprechers Michael Prüller. Nach der Diagnose habe er "etwas vollmundig" erklärt, seine Krebserkrankung sei eine "Win-win-Situation": Entweder werde er geheilt oder ihn erwarte der Heimgang zu Gott. Nun sei er dankbar für die großartigen Leistungen der Ärzte und auch für die vielen ihn begleitenden Gebete. Zum Thema Tod halte er es nun - so Schönborn scherzend - mit dem, was der langjährige Chauffeur der Wiener Kardinäle oft sagte: "Nur net vordrängen!"
Kirchliches Amt wird sich weiterentwickeln
Inhaltlicher Mittelpunkt des Gesprächs vor vielen prominenten Gästen war die für 22. Juni geplante Weihe von insgesamt acht Priesterkandidaten der Seminare der Diözesen Wien und Eisenstadt; in ganz Österreich sind nach derzeitigen Stand 27 Priesterweihen vorgesehen. Zum Thema "Identitätskrise des Priesters" sagte Kardinal Schönborn, in 2000 Jahren Kirchengeschichte habe sich in der Sozialgestalt des Klerus viel geändert, und das kirchliche Amt werde sich zweifellos weiterentwickeln - etwa der Diakonat. Zugleich gebe es einen "lebendigen Kern" des Priesterseins, der wohl auch dazu führe, dass viele Pfarrgemeinden große Sehnsucht nach priesterlicher Präsenz hätten und empörte Briefe schrieben, wenn eine Versetzung anstehe: Dieses Unverwechselbare und Unaufgebbare am priesterlichen Dienst konzentriere sich in der Feier der Heiligen Messe, wies der Wiener Erzbischof hin. Ohne Eucharistie fehle der Kirche der "innerste Kern", deshalb werde man immer Priester brauchen.
Vor den acht Weihekandidaten betonte Schönborn, Priester sollten "keine Angst vor Zusammenarbeit" mit Laienvertretern haben. Ein "monarchisches Konzept", bei dem die Laien nur als "passive Herde" rund um den Priester fungierten, sei eine "Karikatur" und nicht die Realität. Entscheidend für die Zukunft seien "lebendige Gemeinden" und die Frage "Habe ich Lust dabeizusein?", erklärte der Kardinal.
Michael Prüller interviewte anschließend zwei der Priesterkandadaten auf dem Podium und wies auf eine Studie in den USA hin: Die meisten Männer, die sich für den Priesterberuf entscheiden, hätten davor Priester in ihrem Umfeld erlebt. Der Kommunikations-Chef der Erzdiözese Wien schloss dazu den Appell ans Publikum an, wie Berufungen gefördert werden könnten: "Laden Sie Priester ein!"
Quelle: kathpress