Theologen orten Leerstellen bei Forschung zu Jugend und Religion
Leerstellen bei wissenschaftlichen Forschungen zum Thema Jugend und Religion orten Theologen und Religionswissenschaftler: So würden bei der Erforschung des Themas meist Grundannahmen mitschwingen und unreflektiert in empirische Erhebungen einfließen, die zu verfälschenden Ergebnissen führen würden. Das unterstrichen die Wiener Religionswissenschaftlerinnen und Religionswissenschaftler Astrid Mattes, Katharina Limacher und Christoph Novak bei einer Buchpräsentation am Dienstagabend in Wien. Gemeinsam sind sie als Mitarbeiter des Wiener Forschungszentrums "Religion and Transformation in Contemporary Society" Herausgeber des Bandes "Prayer, Pop and Politics. Researching Religious Youth in Migration Society".
"Forschung zu Jugend und Religion tappt immer wieder in die selben Fallen", hielt bei der Buchpräsentation Astrid Mattes fest: Diese seien etwa "nicht selten ein gewisser Kulturpessimismus" oder die Sorge um einen moralisch-sittlichen Niedergang unter Jugendlichen - Forschung mit diesen Grundannahmen im Hintergrund würden von vornherein zu verfälschten Ergebnissen führen, da sie sich nicht auf die tatsächlichen veränderten Jugendkulturen und jugendlichen Lebenswelten einlassen würden, so Mattes. Ein weiteres Beispiel sei die Beforschung des Themas Religion unter jungen Muslimen, die meist unter den Vorzeichen der Gewalt- oder Terrorprävention fiele. Die komplexen Lebensrealitäten, aber auch Zusammenhänge von Religion und "Race" - also die Fragen nach rassistischen Konzepten - oder die Bedeutung der Digitalisierung würden bei solcherart vorausgehenden erkenntnisleitenden Interessen kaum in den Blick geraten.
Aufgegriffen und bestärkt wurde der Befund auch von der Wiener Religionssoziologin und Pastoraltheologin Prof. Regina Polak, die maßgeblich an den Österreich betreffenden Auswertungen zur Europäischen Wertestudie beteiligt war. "Wir haben vor allem die Mehrheitspopulation, die sich für die Norm hält, erforscht", unterstrich sie bei einem Podiumsgespräch im Anschluss an die Buchpräsentation an der Universität Wien. Dabei gerate leicht aus dem Blick, dass gerade für Jugendliche das Leben in einer religiös und kulturell pluralen und zugleich säkularisierten Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit darstelle. Auch Polak ortete bezüglich der Erforschung der Religiosität unter Jugendlichen einen Nachholbedarf, der an dieser Vielfalt und Pluralität Maß nehmen müsse.
Polak diskutierte u.a. mit der Autorin Luna Al-Mousli und dem Kunsthistoriker Georg Traska. Al-Mousli - in Melk geboren, in Damaskus aufgewachsen - lebt in Wien, wo sie sich u.a. in Bildungs- und Integrationsprojekten engagiert. Zuletzt erschien von ihr das Buch "Als Oma, Gott und Britney sich im Wohnzimmer trafen oder Der Islam und ich". Traska forscht derzeit zum Thema kultureller Austausch und Religion unter Schülern. Im September wird im Wiener Volkskundemuseum seine aus seiner Arbeit hervorgegangene Ausstellung "Schulgespräche: Junge MuslimInnen in Wien" eröffnet.
Das Buch "Prayer, Pop and Politics. Researching Religious Youth in Migration Society" ist im Verlag Vienna University Press erschienen und kostet 45 Euro.
Quelle: kathpress