Medienexperte: Kirche darf Digitalisierung nicht verschlafen
Die Kirche sollte Soziale Medien nicht den Unternehmen überlassen, sondern selbst Apps und digitale Angebote generieren: "Die Kirche hat etwas anzubieten, bringt ihre Angebote aber nicht an die Leute", brachte dies der deutsche Medienethiker Alexander Filipovic gegenüber "Kathpress" auf den Punkt. Facebook, Instagram oder Youtube seien für die moderne Vermittlung der christlichen Botschaft unerlässlich und weit mehr als ein "kurzfristiger Trend", meinte der Professor für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München. Aktuell reagiere die Kirche "zu zögerlich" auf die Digitalisierung und drohe die digitale Wende "zu verschlafen", befürchtete der Sozialethiker anlässlich des kirchlichen "Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel" am 2. Juni.
Als Lösung schlug Filipovic, der ausgebildeter Theologe und Berater der Deutschen Bischofskonferenz ist, eine "Kirchen-App" vor. Diese könnte sowohl als Plattform für Dialog und Austausch fungieren, als auch Informationen rund um Kirchen, Gemeinden und spirituelle Angebote bieten. Die Anwendungssoftware für Handys und Tabletts könnte auch einen Shop oder "Geolocation" - Ortsbestimmung - enthalten, um als Benutzer lokale Informationen zu Kursen oder Messen erhalten zu können. (In Österreich gibt es eine solche "Kirchen-App" in Form der "Glauben.Leben"-App, die neben liturgischen Texten zum Tag und Informationen zu den Tagesheiligen auch eine österreichweite Gottesdienstsuche und ein digitales Gebetsnetz bietet)
Zum heiklen Thema Datenschutz meinte der Medienethiker wörtlich: "Wenn mir sogar 'McDonalds' Push-Nachrichten auf mein Handy schicken kann, wenn ich auch nur in die Nähe eines ihrer Lokale komme, warum nicht auch die Kirche?" Die Grenze des Möglichen sei klar die 2018 in Kraft getretene europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Kirche dürfe sich zwar nicht am "Daten-Kapitalismus" beteiligen, könnte aber User-Daten und Nutzungsverhalten für das Generieren benutzerdefinierter Angebote verwenden. Denn so Filipovic: "Soziale Medien und das Sammeln von Daten sind kein Hexenwerk."
Kirche braucht moderne Sprache
Im digitalen Zeitalter sei die Auswahl der Bilder und Worte von besonders großer Bedeutung, so Filipovic weiter. Dass sich die Kirche jedoch schwer tue, eine "neue Sprache" zu finden, erklärte der Medienethiker mit Verweis auf die Missbrauchskrise: "So lange es Menschen gibt, die die Kirche selbst in einer Zeit der Missbrauchskrise nicht verändern wollen, solange gibt es auch keine neue Sprache".
Als erster Schritt müsse die Sprachfähigkeit der kirchlichen Institutionen geschärft werden. Als positives Beispiel nannte Filipovic Orden, kirchliche Werke oder christliche Hilfsorganisationen, die bereits erfolgreich via Social Media kommunizieren und so auch Menschen abseits der Kirche ansprechen. Die Neuerungen müssten letztlich auch bis zu den kirchlichen Ritualen, Hierarchien und Strukturen reichen, forderte der Theologe. Denn: das Evangelium brauche eine "zeitgemäße" Vermittlung, die "sicher nicht die Druckschrift ist", meinte Filipovic.
Quelle: kathpress