Was haben Ordenswerke und Familienunternehmen gemein?
Wie kann es gelingen, dass in Ordenswerken, die nicht mehr von Orden geführt werden und in denen es keine Ordensangehörigen als Mitarbeiter mehr gibt, auch weiterhin das jeweilige Charisma des Ordens zum Tragen kommt. Das war die zentrale Frage bei der heurigen Wirtschaftstagung der Ordensgemeinschaften im Bildungszentrum St. Virgil in Salzburg. Einen der Hauptvorträge hielt dabei Rena Haftlmeier-Seiffert von der gemeinnützigen Stiftung EQUA. Sie sah große Parallelen zwischen Ordenswerken und Familienunternehmen.
Die Weitergabe an die nächsten Familiengenerationen ähnle sehr der Weitergabe des Ordenscharismas in die Werke hinein. Familienunternehmen würden maßgeblich von den in Familien geltenden Werten beeinflusst und gestaltet und für Ordenswerke sah Haftlmeier-Seiffert das ganz ähnlich hinsichtlich der Ordensgemeinschaften.
Haftlmeier-Seiffert: "Die christliche Grundhaltung begründet die Identität eines Ordenswerkes." Das sei aber nicht in erster Linie eine Eigentümerfrage. Es könne genauso ein Beirat diese christlichen Werte und Haltungen einfordern und den christlichen Grundauftrag als normative Vorgabe immer wieder formulieren und in die Unternehmen hineintragen. Bei Übergaben wisse man aus den Familienunternehmen, "dass das Loslassen am schwierigsten ist". Das sei auch bei Ordensgemeinschaften so.
So wie bei Familienunternehmen die drei Systeme - Familie, Unternehmen und Eigentum - zusammenspielen, so spielten diese Aspekte auch bei Ordenswerken eine Rolle. Das Familiensystem sei geprägt von Liebe, Toleranz, Vertrauen Wohlwollen und Freigiebigkeit. Im Unternehmenssystem würden hingegen Produktorientierung, Leistung, Ehrgeiz, Wettbewerb und Risikobereitschaft gelten. Im Eigentumssystem gehe es um Vertrag, Gewinnorientierung oder Nachhaltigkeit. "In einem Familienunternehmen ist alles gleichzeitig", so die Expertin: "Diese systembedingten Dilemmata sind auch bei Ordenswerken gegeben."
Es könne sich beispielsweise ergeben, dass eine scheinbar "wirtschaftlich notwendige Entscheidung diametral gegen die normative Gründungsintention steht", sol Haftlmeier-Seiffert:
Entscheidungen gegen das Ordenscharisma lassen sich aber auf Dauer nicht halten. Daher dürfen materielle Komponenten nie der einzige Aspekt sein.
Die Gewinnorientierung sei Bedingung, aber nicht das Ziel oder der Auftrag. Sowohl Familienunternehmen als auch Ordenswerke hätten die Grundhaltung der Nachhaltigkeit und seien auf Dauer ausgelegt. Haftlmeier-Seiffert: "Das sind Alleinstellungsmerkmale, die sie von finanzgetriebenen Konzernen unterscheidet und um die sie beneidet werden." Die Expertin zeigte sich allerdings insofern wenig optimistisch, als dass Familienunternehmen im heutigen Wirtschaftssystem sind Auslaufmodelle seien.
Im Rahmen der Tagung, die bis Dienstagnachmittag anberaumt ist, wurde auch ein Video der Ordensgemeinschaften präsentiert. Anhand der Marienschwestern und ihrem Kurhaus in Bad Kreuzen, der Barmherzigen Schwestern in Innsbruck und ihren verschiedensten Werken und der Prämonstratenser in Wilten wird darin der Frage nachgegangen, wie der Ordensauftrag weitergehen kann.
"Glaubwürdig vorangehen und stimmig leben"
Zur Frage, wie das ordenseigene Charisma am besten an die Laienmitarbeiter weitergegeben werden kann, meinte beispielsweise P. Maximilian Krenn vom Stift St. Paul im Lavanttal:
Glaubwürdig vorangehen und stimmig leben. Es gehe um "die Begegnung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um ein miteinander feiern, sie zum Essen und Beten mitnehmen, Interesse zeigen und sich berühren lassen.
Auch der Geschäftsführer der Werke der Barmherzigen Schwestern in Innsbruck, Andreas Partl, hob hervor, dass Begegnung, Rituale und Feiern eine zentrale Rolle spielen müssen."
Sr. Franziska Bruckner von den Franziskanerinnen Amstetten sah eine Gefahrenzone im Verhätnis zu den Mitarbeitern darin, "wenn keine Zeit mehr da ist für den profunden Austausch und die direkte Begegnung". Die Wirtschaftsdirektorin des Stift St. Florian, Alexandra Loidl, mahnte die ständige Herausforderung ein, die eigenen Entscheidungen an den Werten des Stiftes zu überprüfen.
(Infos: www.ordensgemeinschaften.at)
Quelle: kathpress