Cannes: Ökumenischer Filmpreis für Jägerstätter-Film
Für seinen Film "A Hidden Life" über den österreichischen Nazi-Gegner Franz Jägerstätter erhält der US-amerikanische Regisseur Terrence Malick den Ökumenischen Filmpreis beim 72. Filmfestival von Cannes. Die Entscheidung wurde am Samstagnachmittag auf dem Filmfestival von Cannes bekanntgegeben.
Die von den kirchlichen Filmorganisationen SIGNIS und INTERFILM getragene Jury zeichnet seit 1974 einen Film aus dem Wettbewerbsprogramm aus, der sich in besonderer Weise den christlich-spirituellen Dimensionen menschlicher Existenz verpflichtet weiß. Im Mittelpunkt der diesmal für preiswürdig befundenen Produktion steht das Schicksal des seliggesprochenen Kriegsdienstverweigerers aus dem Innviertel (OÖ.), Franz Jägerstätter (1907-1943).
Der von den Nazis wegen "Wehrkraftzersetzung" im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtete Bauer und Mesner galt viele Jahre lang auch für viele innerhalb der katholischen Kirche als Ärgernis. Es dauerte mehr als ein halbes Jahrhundert, bis Jägerstätter 2007 schließlich als ein um seines Glaubens willen verfolgter Märtyrer seliggesprochen wurde.
Malick widmete diesem "verborgenen Leben" ein bildgewaltiges Epos, das Glück und Tragik, aber auch die heroische Größe und die exemplarische Dimension Jägerstätters mit großer filmischer Kraft auslotet und von den ersten Bildern an das universale Ringen zwischen Gut und Böse inszeniert. Schon die mit einem Choral aus der Matthäus-Passion von Bach unterlegte Eingangssequenz einer paradiesischen Landschaft wird abrupt mit Ausschnitten aus Leni Riefenstahls NS-Propagandafilm "Triumph des Willens" und Wochenschauaufnahmen vom Überfall auf Polen kontrastiert, die das private Glück in den Kontext des zerstörerischen Nationalsozialismus zwingt.
Die weitere Handlung: Der Ungeist der neuen Zeit breitet sich auch in der bäuerlichen Welt aus, wo Jägerstätter und seine Frau Fani mit drei kleinen Kindern ein zwar arbeitsames, aber glücklich-frommes Leben führen. Sein wachsender innerer Widerstand gegen die braunen Machthaber eckt bald an. Einer ersten Einberufung zum Militärdienst leistet er zwar Folge, doch ein zweites Mal will er nicht mitmachen - allen Ratschlägen des Dorfpfarrers und dann auch des Bischofs zum Trotz. Man müsse Gott mehr gehorchen als den Menschen; diese Überzeugung kann Jägerstätter nicht relativieren, selbst wenn dies in der Konsequenz darauf hinausläuft, dass er hingerichtet wird und seine Frau und Kinder einem ungewissen Schicksal entgegengeht.
Der epische Film gibt den äußeren und inneren Anfeindungen Jägerstätters durch die Dorfgemeinschaft, aber auch den Torturen im Gefängnis viel Raum, emotional mitunter extrem zugespitzt, was neben den herausragenden Leistungen der Schauspieler - August Diehl als Franz Jägerstätter, Valeria Pachner als seine Frau Fani - zu den großen Stärken der Inszenierung zählt. Sie verweilt lange auf den Qualen in der Zelle oder der Ungewissheit der Ehefrau.
Jury lobt differenzierte Darstellung
Die Ökumenische Jury lobte in ihrer Preisbegründung nicht nur die differenzierte Darstellung des menschlichen Dramas von Franz und Fani Jägerstätter, sondern hob auch den Umgang mit dem Gewissensthema hervor. Der Film, so die Jury, vermittle eine Ahnung davon, dass die innere Richtschnur im Extremfall keine Rücksicht auf konkrete materielle oder gesellschaftliche Bedingungen nehme.
Auch Hauptdarsteller Diehl unterstrich in Interviews, wie sehr ihn der Gewissensaspekt an der Figur von Franz Jägerstätter fasziniere, der sich zu einem "Nein" durchgerungen habe, das in der Gegenwart allzu oft rationalisierend relativiert und verwässert werde. Jägerstätter hingegen sei einer gewesen, der die Überzeugung "Das ist falsch" nicht beiseite schieben wollte oder konnte.
Die Töchter Franz und Franziska Jägerstätters haben den Film bereits vor der Weltpremiere in Cannes im oberösterreichischen Heimatort der Familie, St. Radegund, gesehen. "Überwältigend, hart für uns, aber großartig gemacht", urteilte etwa Maria Dammer gegenüber der Linzer "KirchenZeitung" über den Film.
Quelle: kathpress