360.000 Besucher bei der "Langen Nacht der Kirchen"
Rund 360.000 Menschen haben am Freitag an der 15. "Langen Nacht der Kirchen" teilgenommen. Dies teilten die Organisatoren am Abend in einer Aussendung mit. Rund 800 Kirchen, Klöster und Pfarrzentren zwischen Boden- und Neusiedlersee hielten teils bis in die späten Nachtstunden hinein offen. Besucher konnten aus einem bunten Programm-Mix aus Musik, Gebet, Film, Kirchenführungen und Ausstellungen sowie Lesungen und Diskussionen wählen. An der "Langen Nacht" beteiligten sich alle 16 im Ökumenischen Rat vertretenen christlichen Kirchen in Österreich. Ein gemeinsames Glockengeläut der teilnehmenden Gotteshäuser läutete die insgesamt rund 3.000 Einzelveranstaltungen der Kirchennacht ein.
Allein in Wien begaben sich geschätzte 155.000 Besucher auf Entdeckungsreise durch die 190 teilnehmenden Kirchen. In ganz Österreich - 2019 beteiligen sich alle Diözesen an der wählen. 700 Kirchenräume verschiedener christlicher Konfessionen wurden Schauplatz für eine bunte Vielfalt an Veranstaltungen: u.a. gab es fast 600 Führungen, mehr als 1.000 Konzerte, 100 gesellschaftspolitische Diskussionen, fast 300 Programmpunkte für Kinder und 800 spirituelle Angebote.
Besonders großer Andrang herrschte in der Wiener Innenstadt. Hauptbesuchermagnet in der Wiener City war einmal mehr der Stephansdom u.a. mit der beeindruckenden "Sky of Stones"-Installation des Künstlers Peter Baldinger. Besonders viele Besucher lockten auch die zahlreichen Konzerten und die in vielen Pfarren angebotenen Kirchturmbesteigungen und Führungen zu für Kirchenbesucher normalerweise nicht zugänglichen Orte wie Sakristeien und Krypten.
Erneut stand die "Lange Nacht der Kirchen" in Wien auch im Zeichen der verfolgten Christen weltweit. So führte ein Schweigemarsch für die Opfer religiöser Gewalt und Verfolgung durch die Innenstadt. Zwei Tage vor den EU-Wahlen fanden sich auch viele europabezogene Programmpunkte: In der Wiener Schottenkirche diskutierten beispielsweise der evangelische Bischof Michael Bünker und der ehemalige Deutsche Bundestags-Präsident Wolfgang Thierse.
Der Wiener katholische Bischofsvikar Dariusz Schutzki kündigte noch in der Nacht die nächsten "Langen Nacht der Kirchen" für den 5. Juni 2020 an. Für Schutzki ist die "Lange Nacht der Kirchen" nach 15 Jahren "erwachsen" geworden, wie er im "Kathpress"-Resümee sagte. Er habe heuer bei seinen Besuchen zum einen die Diskussion vieler ernster Themen erlebt, die einfach der aktuellen gesellschaftspolitischen Großwetterlage geschuldet sind. Schutzki dazu wörtlich: Die Menschen sehnen sich nach Orientierung und Halt. Und das finden sie in der Kirche." Zum anderen "ist in der Kirche immer auch Freiheit und fröhliche Gelassenheit spürbar".
Schutzki würdigte auch einmal mehr das Engagement vieler tausender Ehrenamtlicher, die schon Monate vor der Veranstaltung mit den Planungsarbeiten für die Lange Nacht der Kirchen begonnen hatten.
390 Veranstaltungen in Oberösterreich
In Oberösterreich öffneten in der "Langen Nacht der Kirchen" knapp 90 Kirchen, Klöster, Kapellen und kirchliche Einrichtungen ihre Türen und luden zu mehr als 390 Veranstaltungen ein, 120 davon allein in Linz. Zehntausende begeisterte Menschen erlebten einen Abend zum Innehalten, Genießen und mit Möglichkeit zur Begegnung, wie die Diözese Linz auf ihrem Onlineportal berichtet. Das der Bibel entnommene heurige Leitwort der "Langen Nacht der Kirchen" lautete: "Dann singt ihr Lieder wie in der Nacht, in der man sich heiligt für das Fest" (Jes 30,29).
Im Linzer Mariendom begann die Kirchennacht mit einem ökumenischen Abendgebet mit Vertretern der neun christlichen Kirchen in Oberösterreich. "Bitten wir um Segen und darum, dass dieser Abend zum Segen werde", betonte der katholische Diözesanbischof Bischof Manfred Scheuer. Abschließend formulierte Pastor Martin Obermeir-Siegrist von der Evangelisch-methodistischen Kirche einen Wunsch für die Nacht: "Die Heilige Schrift verheißt, dass auf der Gastfreundschaft ein besonderer Segen ruht. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Segen heute empfangen - wenn Sie Ihre Kirchen öffnen, um für andere Gastgeber zu sein, und wenn Sie selbst Gastfreundschaft erfahren. Ich wünsche Ihnen, dass Sie in dieser Nacht Brüder und Schwestern im Glauben finden."
Der Linzer Dom wurde an diesem Abend zum "Kinderdom" wurde. Die Kleinsten konnten mit Domorganist Wolfgang Kreuzhuber die Rudigierorgel mit allen Sinnen erleben und durften an sonst nicht zugängliche Orte wie den Turm, das Geläut und den Dachboden der nach Fassungsvermögen größten Kirche Österreichs. Während im Dom eine Lichtinstallation für abendlich-mystische Stimmung sorgte, lud am Domplatz der zehnte Klostermarkt die Lange-Nacht-Besucher zur Stärkung ein.
In der Innenstadt wurde "spirituelles Stadtwandern mit Pilgerbegleitung" angeboten. Eine etwas andere Stadtführung führte unter dem Schlagwort "Wohnungslos in Linz" mit Obdachlosenseelsorger Helmut Eder durch Linz zu Plätzen, die für wohnungslose Menschen relevant sind. "Können wir uns den Sozialstaat noch leisten?" Diese Frage stellte Stephan Schulmeister in der Kirche der Barmherzigen Brüder. Der Ökonom präsentierte sein Buch "Der Weg zur Prosperität" und diskutierte mit dem oberösterreichischen Caritasdirektor Franz Kehrer über die aktuelle Entwicklung des österreichischen Sozialstaates.
Eine "Lange Nacht der Chöre" begeisterte in der Stadtpfarrkirche Ried im Innkreis. Elf Chöre boten ein vielseitiges und vielstimmiges Programm, das in einem gemeinsamen Abschlussauftritt und dem "Locus iste" von Anton Bruckner mündete. In der Welser Marienkirche war Poetry Slam angesagt. Fesselnd und lebendig präsentierten junge Welser Künstler eigene Texte.
20.000 Besucher in der Erzdiözese Salzburg
Mit einem vielfältigen Programm, das vom großen ökumenischen Familiengottesdienst, über Konzerte der Star-Sänger Peter Sonn und Elisabeth von Trapp bis hin zu einer sogenannten "Fuckup Night" reichte, wartete heuer die "Lange Nacht in der Kirchen" in der Erzdiözese Salzburg auf. 20.000 Besucherinnen und Besucher machten sich auf den Weg in die Gotteshäuser Salzburgs und des Tiroler Unterlandes. Insgesamt gab es Veranstaltungen an rund 50 Standorten.
"Es ist wunderschön, dass so viele Menschen in Salzburg unterwegs sind, durch die Nacht schwärmen und dem Licht der Freiheit nachspüren", zog "Lange Nacht"-Projektkoordinator Johannes Wiedecke am Abend eine erste Bilanz der Kirchennacht, die in Salzburg heuer unter dem Motto "Mission Freiheit" stattfand. Im Rahmen der Aktion "Mission Freiheitsschimmer" wurden während des ganzen Abends an mehrere Kirchenmauern in der Stadt Salzburg Zitate zum Thema Freiheit projiziert. "Gerade in stürmischen Zeiten ist es etwas Wunderbares, sich gemeinsam unserer christlichen Freiheit verbunden zu fühlen, die uns an Sinn und Werte bindet und uns weiterhin aufruft, Profil zu zeigen und dafür einzustehen", nahm Wiedecke gegenüber dem Pressedienst der Erzdiözese Salzburg auch Bezug auf aktuelle politische Entwicklungen.
Eröffnet wurde die Kirchennacht mit einem ökumenischen Familiengottesdienst in der Pfarrkirche St. Andrä. "Ein Mensch wird frei, wenn er gut verwurzelt ist", betonte der Kapuziner Bernd Kober bei der Feier. Dieses Grundvertrauen ermögliche Begegnungen ohne Angst. Und: "Christen sind Menschen, die Begegnungsräume für alle Menschen eröffnen wollen" - davon zeuge auch die "Lange Nacht der Kirchen".
An vielen Orte lockten prominente Sänger Besucher der Kirchennacht. Mit Anton Bruckners "Te Deum laudamus" erfüllte unter anderem die Stimme des bekannten Operntenors Peter Sonn das Gotteshaus St. Andrä. Das Konzert "sing it for freedom" der US-amerikanischen Sängerin Elisabeth von Trapp - einer Enkelin Maria von Trapps - wiederum füllte das Sacellum bis auf den letzten Platz. "Die Lange Nacht der Kirchen zelebriert Freiheit durch Musik", zeigte sich die Starsängerin überzeugt.
Ein außergewöhnliches Format, das Scheitern zum Thema macht, erwartete die Besucher bei der "Fuckup Night" (übersetzt: Scheiterabend) in der Andräkirche. Die Idee hierzu kommt ursprünglich aus Mexiko: "Drei bis vier Menschen machen ein Scheitern aus ihrem Berufsleben vor einem Publikum sichtbar. Sie sprechen für je zehn Minuten und in zehn Bildern. Danach darf und soll gefragt und diskutiert werden", erklärte Initiatorin Aleksandra Nagele. Scheitern solle so als möglicher Teil des Weges akzeptiert werden: "Fehler machen wir alle. Darüber sprechen will niemand. Das ändert sich gerade", so Nagele.
Eine stimmungsvolle Lichterfeier im Salzburger Dom bildete den spirituellen Abschluss der "Langen Nacht der Kirchen". Um 23.30 Uhr entzündeten die Feiernden ein Licht zum Zeichen der Freiheit und stimmten mit der Künstlerin Elisabeth von Trapp in den Gospelsong "Free at Last" ein.
25.000 Steirer besuchten offene Kirchen
Zufrieden zogen auch die Organisatoren der "Langen Nacht der Kirchen" in der Steiermark Bilanz. "25.000 Besucher machten sich auf, um zu den vielen offenen Kirchen auszuschwärmen, um diese Sakralräume und deren so besondere Atmosphäre zu erleben", teilte Gertraud Schaller-Pressler von der Diözese Graz-Seckau Freitagnacht mit. Insgesamt gab es heuer in der Steiermark rund 500 Stunden Programm an 100 Veranstaltungsorten.
Die "Lange Nacht" überrasche jedes Jahr aufs Neue mit ihrem bunten, vielfältigen Programm, sagte der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl. "Kirchen, Klöster und viele andere kirchlichen Einrichtungen öffnen ihre Tore zum Kennenlernen kirchlicher Kultur und zur Stärkung des Glaubens. Diese Nacht steht in der Steiermark unter anderem auch beispielhaft dafür, wie Ökumene hier gelebt wird", hielt Krautwaschl fest. Kirche sei "im Wesentlichen Begegnung. Begegnung von Angesicht zu Angesicht in Gottes Gegenwart" - und genau dies ermögliche die Kirchennacht, betonte der evangelische Superintendent Wolfgang Rehner.
Gemäß dem heurigen Motto der "Langen Nacht" drehten sich in der Diözese Graz-Seckau zahlreiche Programmpunkte um das Thema Musik. In der Grazer Stadtpfarrkirche spielten Straßenmusiker diesmal nicht vor, sondern in der Kirche. Eine Exklusiv-Führung für Gehörlose führte in Stadtpfarrkirche, Domherrenkapelle und Mausoleum und endete im Gespräch mit der gehörlosen Künstlerin Fatima Hamidi im Pfarrsaal der Stadtpfarre.
Auch Gelegenheiten zum Mitsingen gab es: vom Gregorianischen Choral in der Welschen Kirche über Heilsames Singen in der Barmherzigenkirche und Jodelnin der Stiegenkirche bis zu "Tanzen und Springen" mit Domkapellmeister Josef M. Doeller im Priesterseminar Garten beim Taubenkogel, wo der steirische Barockkomponist Johann Joseph Fux einst wohnte.
Gut besucht waren auch die steiermarkweit angebotenen Nachtwanderungen. In Graz gab es zwölf Touren mit begrenzten gratis Zählkarten. Eine Tour "Mit leichtem Gepäck" führte durch nachhaltige Orte, wie dem Projekt "tag.werk" der Caritas, dem Franziskanerkloster oder dem Geschäft "Dekagramm". Eine ArchitekT(o)urführte zu modernen Kirchenbauten unter Begleitung von Architekten, Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl besuchte bei seiner Tour "Sprachen des Helfens" das Aloisianum oder das Ressidorf, die Kapellentour machte sich auf die Suche nach verborgenen Kapellen in der Stadt Graz, wie der Burgkapelle, die sonst nicht zugänglich ist.
Innsbruck: Bischof lud zum 30-Minuten-Talk
Etwa 20.000 Besucher verzeichnete die "Lange Nacht der Kirchen" in der Diözese Innsbruck, wo kirchliche Einrichtungen, Pfarren, Ordensgemeinschaften und Jugendgruppen aus katholischer, evangelischer und serbisch-orthodoxer Kirche an rund 60 Orten für ein abwechslungsreiches Programm sorgten. Konzerte, Führungen, Gebetsabende, Kinderprogramme und viele Möglichkeiten zu Gespräch und Begegnung bildeten den Schwerpunkt der Angebote.
In Innsbruck nutzten Hunderte Menschen die Möglichkeit, das Bischofshaus zu besuchen. Bischof Hermann Glettler lud im Stundentakt zum öffentlichen 30-Minuten-Talk mit besonderen Gästen. Mit Soziallandesrätin Gabriele Fischer unterhielt sich Glettler über sozialen Wohnbau, über ein Leben im Orden diskutierte der Bischof mit der Steyler Missionsschwester Christina Blätterbinder. Den Abschluss machte ein politisches Gespräch über Europa mit dem ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler. In der Hauskapelle konnten die Besucher bei Taize-Liedern und Gebeten zur Ruhe kommen. Präsentiert wurde auch der neue Ottfried-Fischer-Film über den seligen Tiroler Märtyrerpriester Otto Neururer (1882-1940).
"Ich merke, die Menschen haben Freude und Lust in die Kirchen hinein zu schnuppern und etwas zu entdecken", sagte Bischof Glettler zur erfolgreichen Nacht der offenen Kirchen. Unter "Reenter the room" könne man diese Bewegung zusammenfassen. Menschen betreten den Raum des Glaubens mit neuer Freude, nachdem sie in früheren Jahren Enttäuschungen erlebt haben, so Glettler: "Viele Leute sind froh, dass die Kirchen ihren Tore ganz weit öffnen. Diese Geste ist wichtig, das soll aber nicht nur bei der Langen Nacht geschehen. Kirchentüren sollen grundsätzlich offen stehen. Die Menschen sollen wissen, dass sie in der Kirche Heimatrecht haben."
Eröffnet worden war die "Langen Nacht der Kirchen" mit einem ökumenischen Gottesdienst im Innsbrucker Dom. "Wir zeigen, dass Kirche nicht unter sich bleibt und in die Öffentlichkeit geht", sagte der evangelische Superintendent Olivier Dantine. Aus Anlass der Europawahl wurde der Gottesdienst mit einem Gebet für Europa abgeschlossen.
Aleksandar Stolic, Erzpriester der serbisch-orthodoxen Kirche, präsentierte in seiner Gemeinde in der Kirche in der Innsbrucker Siebererstraße eine Ikonenausstellung und lud zu Begegnung und Gespräch. Die Schlussandacht in der Spitalskirche in der Maria-Theresienstraße gestalteten musikalisch die "Kirchensingers" unter der Leitung von Bürgermeister Georg Willi. Tradition in Innsbruck hat die "Lange Nacht des Spiels" zum Ausklang der "Langen Nacht der Kirchen": Hunderte Spielfreudige folgten dazu der Einladung Spielbörse der Diözese Innsbruck ins bis 2 Uhr früh geöffnete Diözesanhaus.
Quelle: Kathpress