Kirchen als Orte jenseits von Kommerzialisierung
Auch heuer rechnen die Verantwortlichen für die "Lange Nacht der Kirchen" am 24. Mai österreichweit wieder mit rund 300.000 Besuchern. Für Johannes Pesl, Teil des Leitungsteams der Veranstaltung in Wien, spiegelt sich in den "Touristenströmen" auf Dome, Kathedralen, Kirchen und Klöster das Interesse der Menschen an sakralen Gebäuden wieder. Der Theologe sieht als ein Motiv die Möglichkeit, sich in einer Kirche einmal "völlig unbefangen" zu bewegen, sagte er im Gespräch mit religion.ORF.at.
Sakralbauten werden als öffentlicher Raum wahrgenommen, ergänzte der Wiener Theologe Jakob Deibl, Mitglied des Forschungszentrums "Religion and Transformation in Contemporary Society" der Universität Wien. Diese Verfügbarkeit sei Teil der Anziehungskraft von Kirchen - als "Orte, die nicht kommerzialisiert sind". Deibl kritisierte die Tendenz, dass ansonsten öffentlicher Raum immer häufiger unter einem Konsumdruck stehe. Zum Beispiel könne man sich an Bahnhöfen kaum noch länger aufhalten, ohne dass man etwas kaufe - es gebe immer weniger Sitzgelegenheiten, die ein langes Verweilen ermöglichen. "Da bieten Kirchen im Normalfall einen kaum oder gar nicht kommerzialisierten Raum, in de man sich länger aufhalten kann, ohne Konsument zu sein."
Johannes Pesl kam in diesem Zusammenhang auf die Nachnutzung nicht mehr benötigter Gotteshäuser zu sprechen. "Ich kenne Kirchen in England, die als Einkaufszentren genutzt werden", nannte er ein Extrembeispiel.
Die Frage nach der Nachnutzung der Gebäude, die ja um viel Geld erhalten werden müssen, werde innerkirchlich sehr diskutiert, wies Jakob Deibl hin. Vorzuziehen sei die Nutzung als Sakralraum - also die Kirche einer anderen Konfession zu übergeben - wie dies in Wien bereits mehrmals geschah, oder die Nutzung als Bibliothek, Museumsraum bzw. zu gemeinnützigen Zwecken.
Quelle: kathpress