"Fenster der Geduld" schließt sich
In der Frauenfrage innerhalb der Kirche geht das "Fenster der Geduld" seitens der Betroffenen immer weiter zu. Das hat die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Veronika Pernsteiner, in der aktuellen Ausgabe der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen festgestellt. "Die Frauen sind selbstbewusster geworden", ihr Ruf werde "aber leider nicht gehört" oder dürfe nicht gehört werden, so Pernsteiner.
Die gerade in Österreich, Deutschland und der Schweiz laufenden Frauen-Proteste brächten die Kirche in der Frauenfrage ein Stück weiter, "dennoch braucht es noch viele Schritte und einen langen Atem", so die Einschätzung der kfbö-Vorsitzenden. Denn das "Machtgefälle zwischen Mann und Frau" sei in Tausenden von Jahren gewachsen. Dieses aufzulösen werde nicht innerhalb einer Generation passieren. Angesichts solcher historischer Hypotheken gestalte sich auch die Umsetzung etwa des Frauendiakonats schwierig, sagte Pernsteiner.
Dass es seitens des Papstes keine endgültige und klare Entscheidung über das Frauendiakonat oder das Frauenpriestertum gebe, ist für die Vorsitzende enttäuschend, "weil ich von diesem Papst sehr viel Weitblick spüre". Dabei sei der biblische Befund dazu sehr klar: "Maria Magdalena war die erste Verkündigerin der Auferstehung Jesu." Dies könne durchaus als theologische Argumentation dafür herhalten, "dass Frauen auf Augenhöhe mit den Männern Kirche und Welt gestalten". Pernsteiner sprach sich klar für das Weiheamt für jene Frauen aus, die den Ruf dazu spürten.
Ich möchte in einer Kirche sein, wo ich gleichwertig Liturgie feiern und gleichwertig Funktionen einnehmen kann zur Gestaltung von Kirche und Welt. In der Liturgie entfaltet sich ja sichtbar und spürbar, wie wir Gemeinschaft leben.
Auftreten statt Austreten
Eine Empfehlung, aus der Kirche auszutreten, wolle sie nicht aussprechen, denn es sei besser "aufzutreten, als auszutreten", so Pernsteiner. Schließlich könne man nur von innen heraus etwas verändern. "Je mehr Frauen wir sind und dazu öffentlich einstehen und sagen, wie wichtig es uns ist, dass Männer und Frauen in der Kirche auf gleicher Höhe miteinander leben können sollten, und wie wertvoll uns die Kirche ist, in der wir uns stärken und auch gemeinsam feiern, desto mehr wird das gehört und stärkt auch andere - auch die vielen solidarischen Männer, die es gibt." Für die kfbö-Vorsitzende wäre es "das Schönste, wenn aus Rom das Signal käme, dass Frauen und Männer am Tisch Jesu gleich hohe Sessel haben".
Soll der Wandel hin zu mehr Gleichberechtigung in der Kirche gelingen, brauche es bereits innerhalb der Familie Änderungen; Strukturen der Macht müssten aufgelöst werden, es müsse sich in der Priesterausbildung und in der Sexualmoral der Kirche etwas ändern - und natürlich brauche es auch einen Bewusstseinswandel in der Öffentlichkeit, betonte Pernsteiner. Schließlich gehe es nicht nur um die Kirche, sondern auch um die Gesellschaft.
Frauenarbeit ist noch immer schlechter bezahlt als Männerarbeit.
Positiv wertete Pernsteiner im Blick auf die Kirche, dass vermehrt Frauen in der Seelsorge, auch in Leitungs- und Führungspositionen auch auf Vatikan-Ebene arbeiteten. Papst Franziskus habe etwa u.a. erstmals auch Frauen zu Beraterinnen der Glaubenskongregation berufen. Den Missbrauch an Ordensfrauen durch kirchliche Amtsträger führt die Vorsitzende auf die Überhöhung der Geweihten zurück, die ihre Macht dazu benutzten, körperlich, seelisch und spirituell Missbrauch zu betreiben.
Frauen wurden und werden auch dadurch unter Druck gesetzt, indem ihnen z.B. von Priestern gesagt wird, dass sie sich versündigen und Gott sie nicht mehr lieben wird, wenn sie dieses oder jenes tun. Auch das ist Missbrauch und schwer zu verurteilen.
Pastoraltheologin für Weiheamt für Frauen
Dezidiert für die Öffnung der Weiheämter für Frauen hat sich auch die an der Universität Innsbruck lehrende Pastoraltheologin Anna Findl-Ludescher ausgesprochen. "Nicht nur Männer, auch Frauen spürten den Ruf Gottes", so die geschäftsführende Vorsitzende des Österreichischen Pastoralinstituts in derselben Kirchenzeitungsausgabe. Berufung sei zunächst ein Begriff, der für alle Menschen gelte, nicht nur für Christen. Heikel werde es dann, wenn es darum gehe, die Berufung in einem kirchlichen Weiheamt zu leben. Dies sollte für Frauen und Männer möglich sein. "Es gibt für mich keine passende Begründung, das nicht zu wollen", so Findl-Ludescher.
Die Ebenbildlichkeit Gottes gilt für beide Geschlechter und es ist ein notwendiger Schritt, dass wir nicht nur die Arbeit, sondern auch die Verantwortung in der Kirche teilen.
Vermehrt fühlten sich auch Frauen dazu berufen, Diakonin oder Priesterin zu werden, wies Findl-Ludescher hin. "Dass es ihnen immer noch verwehrt ist, das zu leben, wollen viele von ihnen nicht mehr hinnehmen." Frauen seien bis jetzt immer eine besonders kirchentreue Gruppe gewesen, nun sei im westeuropäischen Raum ein Bruch erfolgt.
Die meisten jungen Frauen, auch Männer, sehen die Kirche als schrägen Verein an, weil die traditionellen Geschlechterrollen hochgehalten werden.
So die Theologin. Wenn die Kirche nichts daran ändere, sei das im Grunde eine Entscheidung, nicht mehr Volkskirche, sondern künftig eine Randkirche zu sein. Insofern sind die gegenwärtigen Proteste für Findl-Ludescher ein positives, Mut machendes Signal.
Eine Öffnung für Frauen würde auch das Thema Missbrauch entschärfen, zeigte sich die Theologin überzeugt. Dass es Missbrauch dann nicht mehr geben werde, heiße das nicht, "aber durch eine Ausgewogenheit würde sich das reduzieren. In der derzeitigen Struktur ist die Versuchung für Priester gegeben, dass sie sich als geistliche Führer ins Spiel bringen, als Zwischeninstanz zu Gott und dadurch unmäßigen und gefährlichen Einfluss nehmen können."
Quelle: kathpress