Für Töchter "hart, aber großartig gemacht"
Der Kinofilm "A Hidden World" über den seliggesprochenen Märtyrer Franz Jägerstätter (1907-1943) hat bei den Filmfestspielen in Cannes Premiere gefeiert. Etliche Kritiker räumen dem Film, der in Cannes im Wettbewerb um die Goldene Palme läuft, realistische Chancen ein, einen der begehrten Preise zu gewinnen. Nach der Aufführung des rund dreistündigen Films gab es 20 Minuten lang Standing Ovations. Die Töchter Jägerstätters haben den Film bereits vergangene Woche in St. Radegund gesehen. "Überwältigend, hart für uns, aber großartig gemacht", urteilte etwa Maria Dammer gegenüber der Linzer "KirchenZeitung" über den Film.
Auch den Jesuiten und Vertrauten der Familie Jägerstätter, Christian Marte, hat "A Hidden Life" sehr angesprochen: "Es ist ein großer Film, der das Bild von Franz und Franziska Jägerstätter weltweit prägen wird - weil er ein Beitrag im Kinoformat und von einem berühmten Regisseur ist", so Marte gegenüber der Kirchenzeitung. Der Film zeigt ausführlich die Liebesgeschichte von Franz und Franziska, laut Marte hervorragend gespielt von Valerie Pachner, die aus Bad Schallerbach stammt, und vom deutschen Filmstar August Diehl. Ebenso werde das Ringen des Ehepaars Jägerstätter um eine Entscheidung aus dem Glauben im Film nachdrücklich sichtbar.
Dabei spielt - wie vielfach bezeugt - das Gebet in ihrem Leben eine wichtige Rolle. Und noch einen Punkt, der beim Zusehen stark berührt, griff Marte heraus: Auf unterschiedliche Weise, immer wieder und heftig und auch mit Gewalt werde Franz Jägerstätter mit der Überzeugung seiner Gegner konfrontiert, dass seine Verweigerung sinnlos sei: Sie werde den Krieg nicht verkürzen und niemand werde je davon erfahren. Darauf spielt auch der Titel "A Hidden Life" an: Sein Leben wird verborgen bleiben. Marte:
Sein Handeln nach dem Gewissen war ganz und gar nicht vergeblich. Was er getan hat, ist für uns heute zum Maßstab geworden. Er wirkt von St. Radegund hinaus in die ganze Welt. Der Kinofilm ist dafür ein Hebel.
Bei der Pressekonferenz mit den Hauptdarstellern betonte August Diehl insbesondere den Gewissensaspekt: Jägerstätter habe aus einem sehr persönlichen, intellektuell nicht weiter begründetem, aber unüberhörbaren Impuls heraus gehandelt. Dieses Nein werde heute, so Diehl, allzu oft rationalisierend relativiert und verwässert.
Das knapp dreistündige Epos entfaltet mit typischem Malick-Pathos Jägerstätters Vita von der Heirat mit Franziska Schwaninger bis zur Hinrichtung und einem kurzen Epilog. Der Film ist mehrheitlich mit deutschsprachigen Schauspielern besetzt, neben August Diehl und Valerie Pachner u.a. auch mit dem im Februar verstorbenen Bruno Ganz in seiner letzten Rolle als Militärrichter, der Jägerstätter zum Tod verurteilt.
Gegen die Übermacht des Bösen
"A Hidden Life" ist kein Gewissensdrama, sondern eher ein elegischer Hymnus, der im Nachspann explizit den Einfluss einzelner Persönlichkeiten im Kampf um eine bessere Welt unterstreicht. Der Film beginnt mit starken Kontrasten, etwa wenn er erhabene Klänge aus einem Oratorium mit Bildern aus Riefenstahls "Triumph des Willens" und Wochenschauaufnahmen vom Überfall auf Russland kombiniert.
Doch dann taucht die Handlung mit trunkener Schönheit ins Glück des beschaulichen Winkels m Innviertel ein, wo Franz und Fani mit ihren drei Kindern ein zwar beschwerliches, aber glückliches Leben führen. Bis erster Flugzeuglärm die heilige Stille erzittern lässt und die Nationalsozialisten den Frieden gefährden.
Denn Jägerstätters wachsender innerer Widerstand gegen die braunen Machthaber stößt den Menschen um ihn herum bald auf, die sich der neuen Zeit und ihrem fanatischen Ungeist ergeben. Einer ersten Einberufung zum Militärdienst leistet er noch Folge, doch beim zweiten Mal weigert er sich, allen Ratschlägen des Dorfpfarrers, wohlmeinender Freunde oder des Bischofs zum Trotz.
Über die Folgen seiner Weigerung macht sich niemand Illusionen. Doch kein noch so gut gemeinter Ratschlag kann den aufrechten Mann von der Überzeugung abbringen, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen. Auch wenn dies in der Konsequenz daraus hinausläuft, ermordet zu werden und Frau und drei Kinder einem ungewissen Schicksal zu überantworten.
Malick gibt den äußeren und inneren Anfeindungen Jägerstätters durch die Dorfgemeinschaft und den Torturen im Gefängnis viel Raum, verbal wie emotional mitunter extrem zugespitzt, was neben den Schauspielern zu den großen Stärken des Films zählt.
Es geht Malick zentral um die Frage, was man der Übermacht des Bösen überhaupt entgegensetzen kann. Zwar klingen mitunter auch skeptische Fragen nach dem Sinn des Daseins an, doch Jägerstätters exemplarische Gewissensentscheidung wird filmisch immer wieder den majestätischen Bergen oder der lebensspendenden Kraft der Sonne gleichgestellt, metaphorischen Dimensionen, die Gutes wie Böses transzendieren.
Hier stellt sich für den katholischen deutschen "Filmdienst" dann auch schon mal die Frage, ob Malicks hymnische Filmsprache wirklich passt. Der endlose Flow seiner oft stark bewegten Bilder, die symphonische Filmmusik und eine Vorliebe für Gedanken aus dem Off bedingen eine reflexive, ins Poetisch-Metaphorische oder Mythisch-Spirituelle tendierende Kunst, die nicht immer angemessen erscheint für dieses konkrete Lebensschicksal. Das sei auch die Crux von "A Hidden Life".
Quelle: kathpress