Turmkreuzkugel im Linzer Mariendom wird wegen Sanierung geöffnet
Ein lange gehütetes Geheimnis der größten Kirche Österreichs wird am Dienstag gelüftet: Erstmals seit 117 Jahren wird im Zuge der notwendigen Sanierungsarbeiten des Linzer Mariendomes die sonst auf 130 Meter Höhe montierte Turmkreuzkugel geöffnet. Experten erwarten, dass sich darin eine Zeitkapsel mit Reliquien befindet, berichten die "Oberösterreichische Nachrichten" am Montag. Bischof Manfred Scheuer soll den Inhalt der vermuteten Zeitkapsel um 10 Uhr beim Nordportal der Kirche im Rahmen eines feierlichen Aktes entgegennehmen, in Anwesenheit u.a. von Landeshauptmann Thomas Stelzer, seinem Vorgänger Josef Pühringer und der Linzer Vizebürgermeisterin Karin Hörzing in Vertretung von Bürgermeister Klaus Luger.
Laut der Kunsthistorikerin Judith Wimmer, zuständig für das Kunstgutinventar in der Diözese Linz, war die Reliquienverwahrung in Turmspitzen zur Zeit der Errichtung des Domes gang und gäbe - um "für den Schutz des Gebäudes zu sorgen", wie Wimmer erklärte. Die Chance, dass eine hier verwahrte Kapsel tatsächlich derartige Schätze birgt, sei damit hoch.
Hinweise für den zu erwartenden Fund gibt ein im Jahr 1902 erstellter Domführer des späteren Linzer Generalvikars Balthasar Scherndl, wonach in die Turmkreuzkugel "in einer Kapsel aus massivem Kupfer wohl verwahrt, eine Urkunde gelegt" worden sei. In die Kugel habe man folgendes verschlossen: "Teilchen des heiligen Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi, ein mit Asche von heiligen Märtyrern vermischtes und vom heiligen Vater geweihtes Wachsstück, gewöhnlich 'Agnus Dei' (Lamm Gottes, Anm.) genannt". Auch Reliquien von acht Heiligen sollen sich darin befinden, wobei Scherndl den Apostel Paulus, den Bischof und Märtyrer Cyhprianus sowie Franz von Assisi erwähnt.
Die Begutachtung des Turmkreuzes und dessen Verankerung sowie die Reparatur eventueller Schäden ist einer der ersten notwendigen Schritte für die umfangreichen Sanierungsarbeiten, denen der Linzer Mariendom in den kommenden Jahren unterzogen wird. Bereits in den vergangenen Monaten wurde dafür ein rund 150 Tonnen schweres Gerüst aufgestellt. Für die Finanzierung der Instandhaltung von 2021 bis 2030 sind rund 5,5 Millionen Euro notwendig, weitere 7,5 Millionen Euro werden für Investitionen u.a. beim Turm, für die Glasfenster und Seitenaltäre gebraucht.
Da das finanzielle Volumen die Möglichkeiten der Diözese Linz bei weitem sprengt, haben auch das Land Oberösterreich und die Stadt Linz ihre Unterstützung zugesagt und ein Spendenverein "Pro Mariendom" wurde gegründet.
Der Linzer Mariendom - eigentlich Mariä-Empfängnis-Dom - wurde auf Initiative des Linzer Bischofs Franz Joseph Rudigier (1811-1884) gebaut. Nach der Grundsteinlegung 1862 erfolgte am 1. Mai 1924 die Weihe durch Bischof Johannes Maria Gföllner, wobei der Bau aber erst 1935 fertiggestellt wurde. Das Gotteshaus ist die größte, nicht aber höchste Kirche Österreichs: Die ursprünglich geplante Höhe wurde angeblich deshalb nicht bewilligt, da in der Habsburger-Monarchie kein Gebäude höher sein durfte als der Südturm des Stephansdomes in Wien. Mit 135 Metern ist der Turm des Linzer Mariendoms in Linz um rund zwei Meter niedriger. (Info: www.promariendom.at)
Quelle: kathpress