Gegen Abtreibungen bleibt noch viel zu tun
Die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch sollen die betroffenen Eltern treffen, aber es gelte die Politik in die Pflicht zu nehmen und an ihre Verantwortung zu erinnern, Abbrüche zahlenmäßig möglichst gering zu halten. Das hat Martina Kronthaler, die Generalsekretärin der "Aktion Leben", am Dienstag in der Ö1-Radiosendung "Punkt eins" unterstrichen. Sie plädierte im Gespräch mit der Gynäkologin Barbara Maier, der Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung, für bessere Sexualaufklärung und Prävention, für vielfältige Beratungsangebote und finanzielle Unterstützung betroffener Eltern.
Die Basis für ein gezieltes Gegensteuern gegen Abtreibungen sollte laut Kronthaler die Umsetzung der parlamentarischen Bürgerinitiative "Fakten helfen!" bilden, die u.a. auf eine Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und eine regelmäßige Erforschung der Motive dafür abzielt. Die "Aktion Leben" führe jährlich rund 5.000 Beratungsgespräche mit Schwangeren und teilweise ihren Partnern durch. Dabei zeige sich, dass den Betroffenen gerade unter Zeitdruck zu treffende Entscheidungen schwer fielen und psychosoziale Begleitung erforderten. Erfolge erziele der partei- und konfessionsunabhängiger Verein, der auf Spenden angewiesen ist, mit vorgeburtlicher Bindungsförderung, die die emotionale Nähe zwischen Mutter und Kind schon im Mutterleib fördert. "Wir bieten nicht wertende, aber wertvolle Beratung", so Kronthaler.
Kritik übte die Generalsekretärin daran, dass die schon bei der Einführung der Fristenregelung vor mehr als 40 Jahren versprochenen "flankierenden Maßnahmen" nach wie vor nur unzureichend umgesetzt wurden. Wirtschaftliche Argumente gegen ein Kind sollten eine möglichst geringe Rolle spielen, Kronthaler sprach sich für einen staatlich finanzierten Hilfsfonds für Schwangere in Not aus.
Zum derzeit im Zuge der Bürgerinitiative "#fairändern" diskutierten Thema Spätabtreibungen - gefordert wird u.a. die Abschaffung der seit 1975 bestehenden eugenischen Indikation - sagte Kronthaler, solche Fälle würden durch die aktive Tötung des Fötus alle Beteiligten "an ihre Grenzen bringen". Dass für manche auch Trisomie 21 ein Grund für einen Abbruch sei, sollte zu einem gesellschaftlichen Diskussionsprozess führen, welches Leben lebenswert ist. Viele Menschen mit Down-Syndrom würden ein weitgehend normales Leben führen können.
Dem Hinweis ihrer Diskussionspartnerin Barbara Maier, dass Frauen nicht unter Druck gesetzt werden dürften, eine ungewollte Schwangerschaft auszutragen, begegnete Kronthaler mit dem Hinweis, es gebe auch Druck des Partners und sonstigen Umfelds in Richtung Abbruch. Es gebe Frauen, die sagten "mit dem Herzen Ja", aber mit dem Verstand Nein zum Kind in ihrem Bauch. Es gelte darauf hinzuwirken, dass auch deren Verstand Ja sagen kann.
Gynäkologin gegen Fremdbestimmung
Primarärztin Maier kritisierte den Sendungstitel "Recht auf Leben vs. Recht auf Selbstbestimmung?" als missverständlich. Ihrer Überzeugung nach sei dies kein Widerspruch - im Gegenteil: Erst Fremdbestimmung von Frauen gefährde Leben z.B. durch Armut und größere Gesundheitsprobleme für Betroffenen und auch ihre Kinder. Die Gynäkologin plädierte für Abtreibungen auf Krankenschein, dies würde auch für die von "Fakten helfen" geforderten Daten sorgen. Die Faktenlage in Österreich sei aber nicht so schlecht wie oft behauptet, so Maier. Seriöse Schätzungen gingen von rund 35.000 Jährlich in Österreich vorgenommenen Abtreibungen aus, und auch die abbrechenden Altersgruppen seien gut einschätzbar.
Laut Maier ist das genetische Frühscreening heutzutage so hoch entwickelt, dass Spätabbrüche von schwerbehinderten Föten nur in geringem Ausmaß vorkämen: in Wien zuletzt 23 Fälle pro Jahr. Sie könne nachvollziehen, dass für Eltern ein Leben mit einem schwerbehinderten Kind oft unzumutbar erscheint.
Quelle: kathpress