Katholische Frauenbewegung zieht "düstere Bilanz"
Die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) hat anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai eine "düstere Bilanz" gezogen und die Regierung für eine Reihe von Frauen benachteiligenden Maßnahmen kritisiert. kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner forderte namens der größten Frauenorganisation des Landes einmal mehr nachhaltige Maßnahmen zur Schließung des "gender pay gaps", also der in Österreich besonders ausgeprägten Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern. Zudem brauche es eine bessere Politik zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zur Sicherstellung einer geschlechtergerechten Verteilung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit sowie zur Existenzsicherung durch Löhne und Sozialleistungen.
Die kfbö setzt sich in ihrer Aussendung am Montag, die auch dem "Tag der Arbeitslosen" (30. April) gewidmet ist, weiters dafür ein, dass die Entkoppelung von Erwerbsarbeit und sozialer Sicherung - Stichwort Grundeinkommen - ernsthaft diskutiert werden müsse. Entsprechende Modelle sollten erprobt werden.
Die ÖVP-FPÖ-Regierung verstärke durch eine Reihe zuletzt beschlossener Maßnahmen die Mehrfachbenachteiligung von Frauen in Österreich. Kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner verwies auf Nachteile am Arbeitsmarkt, in der Entlohnung und in Folge auch bei erwerbsabhängigen Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Pension. Geradezu "ein Hohn" sei es, das neue Mindestsicherungs- bzw. Sozialhilfekonzept als Maßnahme zur Integration in den Arbeitsmarkt zu präsentieren. Denn rund 70 Prozent der derzeitigen Mindestsicherungsbeziehenden - darunter mehr Frauen als Männer - seien "AufstockerInnen", d.h. sie verdienen so wenig, dass sie zusätzlich zu ihrem Erwerbseinkommen eine Sozialleistung benötigen, um ihre Existenz sichern zu können.
Frauen verdienen - so die Katholische Frauenbewegung - generell weniger als Männer, sie arbeiten in Niederiglohnbranchen oder - weil sie Kinder betreuen oder Angehörige pflegen - in Teilzeit, und Frauen stellen auch 90 Prozent aller Alleinerziehenden. Sie treffe es zusätzlich, wenn laut neuem Sozialhilfekonzept die Zuwendungen mit steigender Kinderzahl gesenkt bzw. Zuschläge für Alleinerziehende lediglich als "Kann-Bestimmungen" definiert würden. Pernsteiner nannte dies einen "Skandal":
Armut und Ausgrenzung werden mit dem neuen Gesetz vorangetrieben, der soziale Frieden wird gezielt gefährdet.
Weitere Kritikpunkte der kfbö sind der 12-Stunden-Tag, der die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter erschwere, und auch der milliardenteure "Familienbonus", mit dem die Regierung Einkommensstarke bevorzuge. Die Mittel dafür sollten laut Pernsteiner besser in den Ausbau einer flächendeckenden Kinderbetreuung fließen. Sie berief sich auf Berechnungen der Arbeiterkammer, wonach die Gelder für den Familienbonus flächendeckend ganztägige Kindergartenplätze in ganzjährig geöffneten Einrichtungen finanzieren würden, außerdem könne die Frühförderung ausgebaut, zusätzliches pädagogisches Fachpersonal eingestellt und ein zweites kostenloses Kindergartenjahr für alle finanziert werden.
"Gender pay gap" so hoch wie sonst kaum wo
Rund 38 Prozent liege das Bruttojahreseinkommen von Frauen derzeit unter dem von Männern, beklagte die kfbö einen "gender pay gap", mit dem Österreich EU-weit im Spitzenfeld liege. In der Pension betrage diese Kluft gar 51 Prozent. Zwei Drittel mache der Frauenanteil in Niedriglohnbranchen aus, in denen der monatliche Bruttoverdienst in einer Vollzeitanstellung weniger als 1.500 Euro ausmacht. "Wenn man unter diesen Umständen eine Sozialleistung benötigt, ist das existenzbedrohend", erklärte Pernsteiner und verwies dazu auf die Höhe des Arbeitslosengeldes, das 55 Prozent des Nettoeinkommens davor betrage.
Ein weiterer Wert, der in der EU kaum überboten wird, ist laut kfbö, dass 47 Prozent aller erwerbstätigen Frauen in Österreich in Teilzeit arbeiten - bei den Männern nur 11 Prozent: "Nach wie vor liegt der weit überwiegende Teil der Sorgearbeit bei den Frauen", so Veronika Pernsteiner, was wiederum mit den geringeren Chancen von Frauen auf ein gutes, mit Männern vergleichbares Einkommen zusammenhänge. "Extrem prekär" werde es für Alleinerziehende, von denen ein Viertel arm trotz Arbeit sei. "Es trifft Frauen, und es trifft Kinder", wies Pernsteiner hin. Mehr als ein Drittel der aktuellen Mindestsicherungsbeziehenden seien Kinder. Maßnahmen wie sie das geplante neue Sozialhilfegesetz leisten nach Überzeugung der kfbö der Kinderarmut in Österreich Vorschub.
Quelle: kathpress