Aktionsbündnis fordert Ende der weltweiten Kinderarbeit
Mit einer österreichweiten Kampagne möchte das Aktionsbündnis "Kinderarbeit stoppen" auf ausbeuterische Kinderarbeit hinweisen und auf Gesetzesinitiativen zur Unterbindung von Kinderarbeit hinwirken. Die Kampagne, die von der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA) gemeinsam mit der Künstlerinitiative "Butterfly Rebels" durchgeführt wird, beginnt am Montag, 29. April. Laut DKA arbeiten weltweit 73 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen. Besonders dramatisch sei die Situation in Indien, wo das Kastensystem und Schuldknechtschaft Kinder in die Sklaverei zwingen. Die Aktion, die bis zum internationalen Tag gegen Kinderarbeit (12. Juni) läuft, wird u.a. durch Künstler wie Ina Regen, Julian Le Play oder Josef Hader unterstützt.
Auf Folgen von Kinderarbeit auch für Österreich hat im Vorfeld der Aktion der deutsche Kinderarbeitsexperte Benjamin Pütter verwiesen: Egal ob Bananen, billige Kleidung oder Grabsteine - an solchen Produkten, die auch in Österreich erhältlich sind, klebe höchstwahrscheinlich "Kinderblut", so die Einschätzung Pütters im Interview mit "Kathpress". Als Konsument könne man jedoch durch bewusstes Konsumverhalten dazu beitragen, Kinderarbeit zu vermeiden: Etwa indem man auf das Fairtrade-Siegel achte, "oder indem man einfach Bananen oder Kaffee weglässt", so Pütter.
Allein der Verzicht auf bestimmte Produkte kann einiges bewirken und Konzerne zum Umdenken zwingen.
Dilemma durch Schuldknechschaft
Rund ein Drittel aller betroffenen Kinder lebe in Indien, zeigte der evangelische Theologe weiter auf. Diese würden in Bergwerken und Steinbrüchen ihr Leben aufs Spiel setzen, Teppiche weben, Tee pflücken oder Kleidung nähen. Vielfach würden Kinder von ihren Eltern verkauft werden, um Schulden - die sie z.B. für Hochzeiten aufgenommen haben- zu bezahlen. Man verspreche den Eltern, dass die Kinder einen Beruf lernen und gleichzeitig ihre Schulden zurückzahlen können. "Auf die Idee, dass das bei Zinsen von 20 Prozent gar nicht funktionieren kann kommen die Eltern nicht", erklärte Pütter das Dilemma.
Ein zusätzliches Problem liege darin, dass viele Eltern Analphabeten seien und ihre Schuldverträge nicht lesen könnten. So entstehe eine über Generationen vererbte illegale Schuldknechtschaft, die die Eltern oft dazu zwinge ihre Kinder um umgerechnet sieben Euro zu verkaufen. Die verkauften Kinder erhielten einen Status ähnlich jenem von "Leibeigenen" und würden vor allem nach West-Indien verschleppt, wo in Folge eines Wirtschaftsbooms ein Arbeitskräftemangel herrsche. Dort müssten häufig bereits Kinder von fünf Jahren schwerste körperliche Arbeit in Steinbrüchen verrichten und "stundenlang auf Steinen klopfen".
Kastenwesen verstärkt Problem
Obwohl Kinderarbeit und Sklaverei in Indien verboten seien, würde die Gesellschaft das ausbeuterische System noch unterstützen, erklärte der Theologe, der sich seit den 1980er Jahren intensiv mit der Situation in Indien auseinandergesetzt hat. Als Grund gab Pütter das Kastenwesen an, das für viele Inder Gewalt - auch gegen Kinder - legitimiert. Der Indien-Experte wörtlich:
Wärter in Steinbrüchen, die Kinder schlagen, glauben, dass sie das Werk der Götter verrichten, da das Kind im vorhergehenden Leben vielleicht gemordet hat und darum im neuen Leben als Kindersklave arbeiten muss.
Eltern, die ihre Kinder schließlich nach einigen Jahren zurückfordern, müssten erleben, dass ihre Kinder nicht dort arbeiten, wo sie es vermutet hatten oder dass man ihnen die Kinder nicht gibt. Einziger Ausweg seien private Bürgerinitiativen, die gemeinsam mit der Polizei die Kinder aus der Sklaverei befreien. Die befreiten Kinder erhalten vom indischen Staat rund 40.000 Rupien "Befreiungsgeld" und kommen ein halbes Jahr in ein Übergangscamp, wo sie auf ein Leben bei ihren Eltern vorbereitet werden und Lesen und Schreiben lernen. Viele Kinder seien schwer traumatisiert und müssten "erst wieder lachen lernen", so Pütter, der zum Thema u.a. das Buch "Kleine Hände - großer Profit" geschrieben hat.
Quelle: kathpress