Wie man in der Altstadt von Jerusalem ein neues Haus baut
Der Bau der neuen "Casa Austria" beim österreichischen Pilger-Hospiz war eine technische wie auch diplomatische und finanzielle Herausforderung. 12 Gästezimmer und einige weitere Räumlichkeiten sind nun zum Preis von knapp 3,5 Millionen Euro zum Hospiz hinzugekommen. Schließlich habe man alle Hürden überwinden können und ist nun für die Zukunft bestens gerüstet. Das hat Rektor Markus Bugnyar im Interview mit "Vatican News" und weiteren Medien unterstrichen. Das katholische Hospiz liegt mitten in der verwinkelten Altstadt, direkt an der Via Dolorosa und zwar in einem Winkel, der zum muslimischen Viertel gehört.
Dass ein christliches Haus im muslimischen Viertel mit Genehmigung des jüdisch-israelischen Rathauses ausbauen darf, während gleichzeitig muslimische Nachbarn Abrissanordnungen erhielten, sei letztlich alles andere als selbstverständlich. Das sorge für Spannungen, so Bugnyar:
Da muss viel Zeit und Geld investiert, mit den Menschen geredet, sich erklärt und diese Spannungen abgebaut werden.
Nachbarn erhoben Einsprüche gegen den Zubau. Und das auf gleich zwei Ebenen, der kommunalen und der regionalen, erläutert Bugnyar. Ein Besuch im palästinensischen Präsidialamt in Ramallah und die Präsenz von Fatah-Funktionären habe Entschädigungsforderungen und "kleinere Sabotageversuche" dann aber doch rasch beendet.
Verständlich: Auch die Händler auf der angrenzenden Via Dolorosa fühlten sich durch den regen Traktorenverkehr in ihren Geschäften gestört. Der war aber unausweichlich. Mit großen Transportern ist das Hospiz nicht zu erreichen. Nur die kleinen wendigen und lauten Traktoren kommen durch. "Wenn man in einer Stadt wie Jerusalem etwas bauen möchte, noch dazu in der Altstadt, steht man vor vielen Problemen", erläuterte Bugnyar:
Die Gassen hier sind eng und verwinkelt. Wenn Sie nun vorhaben, hier ein dreistöckiges Gebäude zu errichten, stellt Sie das vor Herausforderungen. Damit liegt auch auf der Hand, die Preise werden in die Höhe getrieben. Denn was Sie außerhalb der Altstadt in jedem anderen Ort mit schwerem Baugerät erledigen können, das müssen hier viele Arbeiter von Hand erledigen. Allein wenn ich an das Gießen des Betons für unsere Zwischendecken denke: Die Altstadt von Jerusalem macht Dinge kompliziert.
Eine weitere Herausforderung, so Bugnyar: "Man kann hier nicht graben und ein Fundament freilegen, ohne etwas zu finden." Vor den eigentlichen Arbeiten am Neubau musste einer behördlichen Vorschrift entsprechend eine archäologische Rettungsgrabung durchgeführt werden. "Diese hat uns zwei Jahre Zeit gekostet und auch sehr viel Geld, aber wir sind auch fündig geworden. Was bislang freigelegt wurde, sind Überreste aus mamelukkischer Zeit bis hin zur byzantinischen Zeit." Auch nach Abschluss der eigentlichen Bauarbeiten werden die Grabungsarbeiten in den kommenden Jahren weitergehen, erklärte Bugnyar; denn "die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass auch auf unserem Gelände noch Reste aus der Zeit der Römer und möglicherweise Zeugnisse aus der Zeit Jesu auftauchen".
Religionsverbindendes Haus
Angesichts der diffizilen religiösen Verhältnisse in der Jerusalemer Altstadt galt es zudem, die Partner für das Bauvorhaben klug auszuwählen und die Aufträge so gerecht wie möglich zu verteilen. Das katholische Haus suchte sich also einen israelisch-jüdischen Architekten (Zeev Baran) und ein arabisch-muslimisches Bauunternehmen (Darwisch). Das steht aber auch ganz in der Tradition der Österreicher in Jerusalem.
Das Pilger-Hospiz versteht sich als völker- und religionsverbindende Einrichtung. Bugnyar:
Das Hospiz ist Arbeitgeber für Christen und Muslime der palästinensischen Gesellschaft. Als Gästehaus. Und mit unserem Wiener Kaffeehaus sind wir auch Anlaufstelle für unsere jüdischen Besucher, die die Altstadt von Jerusalem möglicherweise am Wochenende besuchen.
Nicht nur einen materiellen Auftrag sieht der Rektor mit dem Zubau nun verwirklicht, sondern auch einen ideellen. Das Österreich-Hospiz sei seinem Gründungsauftrag neu gerecht geworden:
Unser Gründervater hatte formuliert, die Aufgabe des Hospizes ist es, Heimat am Grab des Erlösers zu sein. Das heißt, wir widmen uns in erster Linie Pilgerinnen und Pilgern aus Österreich aus dem deutschsprachigen Raum und auch aus anderen Ländern. Wir verstehen unsere Aufgabe darin, den Menschen den Aufenthalt in Jerusalem so angenehm wie möglich zu machen und sie gleichzeitig mit den heiligen Stätten vertraut zu machen.
Denn Wallfahren sei auch ein Bildungsauftrag. "Wenn das Glaubenswissen austrocknet, braucht es die Arbeit an den Wurzeln, an der Basis, an der Substanz, und da gehört für mich der Besuch der Heiligen Stätten wesentlich dazu. Das Hospiz hat, so möchte ich es auf den Punkt bringen, einen Bildungsauftrag im Interesse der Kirche selbst."
Zu den Finanzen: Das Hospiz selber hat 800.000 Euro aufgebracht; 1,35 Millionen Euro steuern die Diözesen der katholischen Kirche in Österreich bei; von den Bundesländern kamen Förderungen von insgesamt 675.000 Euro, dieselbe Summe schoss auch der Bund zu.
Rund 80.000 Gäste pro Jahr steuern das Pilger-Hospiz an und verbringen dort entweder einige Nächte oder stärken sich auch nur im Kaffeehaus nach Wiener Art. Am Donnerstag wurde die neue "Casa Austria" feierlich eröffnet und von Kardinal Christoph Schönborn gesegnet.
Quelle: kathpress