Landau-Appell vor Soziahilfegesetz-Abstimmung: Nicht beschließen!
Caritas-Präsident Michael Landau hat am Mittwoch in einem offenen Brief an die Nationalratsabgeordneten appelliert, das geplante Sozialhilfegesetz so nicht zu beschließen. "Ein neues Gesetz zur Sozialhilfe sollte Menschen in Not helfen und nicht deren Armut vergrößern", so Landau. Die aktuelle Reform verstärke hingegen Kinderarmut, womit sie "versagt".
Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sei 2010 eingeführt worden, um Menschen zu unterstützen, die aus dem Versicherungsprinzip fallen oder nie hineingekommen seien, sowie jene, die so geringe Arbeitseinkommen beziehen, dass sie davon nicht leben könnten, erinnerte der Caritas-Präsident:
Für eine zukunftstaugliche Gesellschaft in Österreich brauchen wir Zusammenhalt und soziale Sicherheit. Diesen Grundsatz sollte die Regierung nicht aus den Augen verlieren.
Landau sieht auch durch die jüngsten Änderungen keine wesentliche Verbesserung des Entwurfs. Seitdem die Bundesregierung den aktuellen Gesetzesentwurf für die Sozialhilfe auf den Weg gebracht habe, habe es aufgrund massiver Kritik mehrere Nachbesserungen gegeben, an den grundsätzlichen Problemen des Gesetzes hätten diese "leider nichts" geändert:
Statt Mindestbeträgen gibt es jetzt Höchstbeträge, statt einer Abdeckung der Lebenserhaltungs- und Wohnkosten nur mehr einen Beitrag dazu. Dabei muss jede sinnvolle Lösung an der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen Maß nehmen. Sie muss rasche und unbürokratische Hilfe ermöglichen. Und sie muss das Ziel verfolgen, dass es den Menschen danach besser geht, nicht schlechter.
Kinderreiche Familien
Denn nicht aus dem Weg geräumt worden sei, dass die geplante Sozialhilfe die Situation für kinderreiche Familien im Vergleich zur Mindestsicherung massiv verschlechtere, wie Landau vorrechnete: "Familien, die aufgrund ihrer prekären Situation jetzt schon Mindestsicherung beziehen, werden es in Zukunft noch schwerer haben, weil durch die neue Sozialhilfe Paare um 10 Prozent weniger Mittel erhalten als bisher, und auch die Beiträge für Kinder gestaffelt werden. Das ergibt für Paare mit Kindern schon ab dem ersten Kind eine Verschlechterung gegenüber dem Status quo. Kinderreiche Familien werden demnach noch stärker von Armut betroffen sein als bisher. Wer bei Kindern spart, spart an der Zukunft unserer Gesellschaft."
Kinderreiche, einkommensarme Familien zählten jedoch schon heute zu den in besonderer Weise armutsgefährdeten Gruppen. Kinder, die in Armut aufwachsen müssten, hätten schlechtere Bildungschancen und somit oftmals ihr Leben lang Schwierigkeiten, diese unfairen Startbedingungen wieder auszugleichen.
Wenn wir wollen, dass alle Kinder in Österreich in Zukunft etwas zu unserer Gesellschaft beitragen, müssen wir jetzt dafür sorgen, dass sie später am Arbeitsmarkt gute Chancen haben.
Er wies darauf hin, dass mit der neuen Sozialhilfe "alle Familien mit zwei Elternteilen in allen Bundesländern" verlieren würden, "und zwar schon ab dem ersten Kind". Denn es gehe nicht nur um die Kürzung ab dem dritten Kind, sondern darum, dass alle armutsbetroffenen Familien weniger Unterstützung bekommen würden. Doch gerade Kinder aus diesen Familien müssten allen besonders am Herzen liegen. Sie hätten ohnehin einen schwereren Start ins Leben und bräuchten daher mehr Unterstützung. Es könne nicht sein, dass Familien sich "am Ende des Monats zwischen Heizen und Essen entscheiden müssen".
Weiterer großer Kritikpunkt der Caritas ist die Verknüpfung von Sozialhilfe an Deutschkenntnisse. Es sei zwar hilfreich, Deutsch zu lernen, um möglichst rasch auf eigenen Beinen stehen zu können, "Sprachkenntnisse allerdings als Vor-Bedingung für Sozialleistungen erscheint wenig sinnvoll". Dazu müsse es flächendeckend Möglichkeiten dafür geben, und die Lernenden müssten in dieser Zeit von etwas leben können.
Quelle: kathpress