Kirche ist "Sprachrohr" für Arme und Entrechtete
Armutsforscher Helmut P. Gaisbauer vom "Internationalen Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen" (ifz) in Salzburg hält die Kirche für ein wichtiges "Sprachrohr" für Entrechtete und Menschen, die sonst nicht zu Wort kommen. "Ich denke, die Option für die Armen hat die ganz wichtige Aufgabe zu erfüllen, nahe bei den Menschen zu sein. Die christlichen Kirchen sind in Europa die größte NGO, die es gibt. Da wird so viel Wichtiges und Gutes gegen Armut und Ausgrenzung getan", sagte der Forscher gegenüber der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen am Mittwoch.
Aber nicht nur die Kirche, die Gesellschaft im Ganzen sieht der Forscher in der Pflicht, Entwicklungshilfe in den ärmeren Ländern des Südens zu leisten. "Wir können uns nicht aus dieser Verantwortung stehlen, dass wir uns wirtschaftlich massiv auf Kosten der Länder des Südens bereichern und dann so tun, als ob uns deren soziale Lebensverhältnisse nichts angehen", sagte Gaisbauer. Wörtlich meinte er:
Wir sind verpflichtet zu helfen, weil wir die Möglichkeit dazu haben und weil wir in einem Zusammenhang mit den Menschen in den Ländern des Südens stehen - wirtschaftlich und auch geschichtlich, wenn wir an die Kolonialsysteme denken.
Gaisbauer sprach von einer massiven Ausbeute der Gesellschaften vor Ort durch Machthaber, die allerdings auch mit Schützenhilfe der reichen Länder handeln würden. Da stecke irrsinnig viel Geld dahinter. Nachhaltig sei Entwicklungshilfe deshalb dann, wenn diese auf gute Regierungsführung, auf gute politische Programme und auf den Aufbau von Sozialsystemen ziele. Das könne allerdings nicht von außen importiert werden, so der Armutsforscher.
Das muss von innen geschehen, kann aber unterstützt werden, wenn es richtig gemacht wird. Zielperspektive muss sein, in jedem Land der Welt ordentliche Sozial-, Gesundheits- und Bildungungssysteme zu haben.
Konkret regte Gaisbauer etwa den Aufbau kleiner Handwerks- oder Landwirtschaftsbetriebe aus, "dann ermöglicht das den Menschen vor Ort ein bisschen ihr Leben selbst gestalten zu können". Denn nur Geld für eine akute Nothilfe aufzubringen alleine, reiche nicht aus, es brauche viele mehr eine Änderung der Strukturen.
Schließlich müsse Armutsbekämpfung auch immer mit Blick auf Nachhaltigkeit und Klimaerwärmung diskutiert werden. Intelligent wäre etwa, ein gutes Wirtschaften mit Hilfe neuer Technologien zu ermöglichen, allerdings ohne dabei die Umwelt zu schädigen.
Wenn wir versuchen, alle Menschen dieser Erde auf dieses Wohlstands- und Konsumniveau zu bringen, das wir haben, dann hält das unser Planet noch kürzer aus, als der Prognose entsprechend.
Es müsse also auf die "richtige" Art umverteilt und Produktions-, Lebens- und auch die Wirtschaftsweisen der Industrieländer, die stark daran gekoppelt sein, verändert werden.
Wir dürfen nicht mehr auf Kosten der armen Menschen, aber auch nicht auf Kosten des Klimas, der Umwelt und der guten Zukunft leben.
Quelle: kathpress