Große Unsicherheit für Konvertiten auch in Österreich
Rund um den "klassischen Tauftermin" in der Osternacht werden in den österreichischen Diözesen heuer erneut verhältnismäßig viele - an die 500 - Erwachsene das Sakrament der Taufe empfangen. Die Mehrheit der Taufkandidaten stammt wie bereits in den Vorjahren aus muslimisch geprägten Ländern des Nahen Ostens. Der Übertritt zum Christentum bedeutet für sie immer weniger einen Vorteil im Asylverfahren, und bringt außer Freude über den neu angenommenen Glauben zunehmend auch Angst vor damit verbundenen Gefahren. Das hat die Leiterin des Koordinationsbüro für Katechumenat und Asyl der Bischofskonferenz, Friederike Dostal, am Donnerstag im Interview mit "Kathpress" dargelegt.
Viele der Täuflinge sind bereits anerkannte Flüchtlinge, immer weniger kommen aus der Gruppe der Asylwerber. Dass ein Übertritt zum Christentum ihre Chance auf Asyl erhöhen könnte, ist als Motivation kaum ausschlaggebend, so Dostals Einschätzung.
Die Betroffenen wissen, dass sie abgeschoben werden können, auch nach der Taufe. Denn derartige Fälle werden leider immer häufiger.
Die Asylbehörden würden den Berichten der Betroffenen von ihrem Glaubenswandel - auf welchen in manchen Heimatländern die schlimmsten Strafen stehen - oftmals keinen Glauben schenken. Die Expertise der Kirche bei Entscheidungen über Asylgründe würde, zumindest in der ersten Verfahrensinstanz, kaum hinzugezogen.
Eine weitere große Hürde, die manche an der Taufe Interessierte die lange Vorbereitung abbrechen lässt, sind psychischer Natur wie etwa mit dem Religionswechsel verbundene Gefahren.
Oft leben die Taufbewerber in großer Angst, ihr Umfeld könnte von ihrer Entscheidung erfahren. Wenn sie in einer von vielen Muslimen bewohnten Wohngegend, in großen Asylquartieren oder in gemischten Wohngemeinschaften leben, fällt es natürlich auf, wenn sie sich regelmäßig mit der Bibel in der Hand in Richtung der Pfarren begeben.
Schilderte Dostal, die auch im Wiener Pastoralamt das Referat für Erwachsenenpastoral und Verkündigung leitet. Selbst in manchen Taufvorbereitungen selbst seien Ängste vor "Spionen", die sich eingeschlichen haben könnten, spürbar.
Völlig unbegründet seien diese Vorbehalte nicht, betonte Dostal. So sei beispielsweise ein Fall bekannt, bei dem ein früherer Teilnehmer einer Taufvorbereitung in Österreich nach einer freiwilligen Rückreise in sein dem arabisch-sunnitischen Kulturkreis zugehörendes Heimatland den dortigen Behörden die Identität der anderen Katechumenats-Teilnehmer weitergegeben habe. "Sehr wahrscheinlich war der Betroffene kein Fanatiker, sondern wollte sich bei seiner Gesellschaft auf diese Weise zurückkaufen", erklärte die Theologin. Zwar nicht direkt die Täuflinge in Österreich, wohl aber für die zurückbleibenden Familien in der Heimat seien in der Folge bedroht worden und in Bedrängnis gekommen. Dostal:
In den Communities in Österreich machen solche Vorkommnisse schnell die Runde und verbreiten Panik.
Kleingruppen und neue Zugänge
Die österreichischen Diözesen haben darauf reagiert: Frontalunterricht in Großgruppen gebe es in der Taufvorbereitung fast nirgendwo mehr, und neu in die Taufvorbereitung aufgenommene Bewerber würden in der Regel nie bestehenden Gruppen integriert, berichtete Dostal. Doch auch mit weiteren Veränderungen sollte die Kirche auf die jeweiligen Bedürfnisse der Taufwerber reagieren, befand die Expertin: So sei außer der jeweiligen Sprache auch der Bildungsgrad in hohem Maß dafür ausschlaggebend, wie die Vorbereitung ablaufen sollte. Bei Menschen mit wenig Schulbildung empfahl Dostal, statt "verkopfte" eher narrative oder erlebnisorientierte Zugänge zu suchen. Es gelte weiters, "Räume der Gotteserfahrung" zu erschließen, hätten doch Menschen mancher Kulturkreise zu Gebetsformen wie etwa Anbetung oder Rosenkranz durchaus guten Zugang.
Nach Einschätzung Dostals besteht an der Erwachsenentaufe ein weitaus größeres Interesse als mit dem derzeitigen Angebot dafür vonseiten der Kirche aufgefangen werden kann. Das Bewusstsein dafür sei jedoch in den meisten Pfarren noch kaum vorhanden, die Kapazitäten gering - so wird die ohnehin sehr intensive und ausführliche Taufvorbereitung fast ausschließlich von Ehrenamtlichen getragen. "Der Kirche würde es nachhaltig schaden, wenn sie diesem Bereich zu wenig Aufmerksamkeit widmet", mahnte die Katechumenats-Zuständige.
Täuflinge vor allem aus Iran oder Afghanistan
In österreichischen Pfarren werden um Ostern rund 500 Erwachsene das Taufsakrament empfangen. Die Zahl liegt zwar unter den bisherigen Rekordjahren 2017 und 2018, als rund 900 bzw. 600 Über-14-Jährige getauft wurden, beträgt aber weiterhin rund das Doppelte des langjährigen Jahresschnitts. In der Erzdiözese Wien stammen die 138 Taufbewerber, die zu Beginn der Fastenzeit von Kardinal Christoph Schönborn die Taufzulassung erhielten, aus insgesamt 23 Nationen, wobei Iran und Afghanistan wie bereits in den Vorjahren die größte Gruppe stellen, gefolgt von den Österreichern. Ähnlich ist die Länderaufschlüsselung auch in den anderen der insgesamt zehn Diözesen.
Die Taufvorbereitung für erwachsene Katechumenen dauert in der katholischen Kirche mindestens ein ganzes Jahr und ist sehr umfangreich: Zentrale Inhalte sind dabei die Bibel, die Sakramente und das Glaubensbekenntnis. Üblich ist auch, soweit möglich, die aktive Teilhabe am Pfarrleben. Nach rund einjähriger Vorbereitungszeit steht dann die Taufzulassung durch den Ortsbischof. In der Karwoche wird schließlich in den Domkirchen das Chrisam- und Katechumenenöl geweiht und in die Pfarren gebracht, wo dann in der Osternacht die Taufe selbst stattfindet. Erwachsene erhalten dabei in der Regel alle drei Initiationssakramente - Taufe, Firmung und Erstkommunion - in einer Feier.
Quelle: kathpress