Neue Asyl-Bundesagentur: Auch Caritas hat "massive Bedenken"
Die Caritas Österreich hat "massive Bedenken bezüglich der vom Innenministerium vorgeschlagenen Ausgestaltung" der neuen Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) und deren gebündelte Kompetenzen im staatlichen Asylwesen geäußert. Wie Generalsekretär Bernd Wachter am Freitag in einer Aussendung festhielt, drohe bei der Umsetzung des von der Regierung präsentierten Gesetzesentwurfs "eine rechtsstaatliche Blackbox mit dem Risiko für Intransparenz und Fehleranfälligkeit". Er appellierte an die Parlamentarier, "von der Errichtung der Bundesagentur in dieser Form Abstand zu nehmen". Auch wenn die Caritas im Bereich der staatlich finanzierten Rechtsberatung nicht tätig ist, "bereitet uns die neu geplante Struktur Sorge", so Wachter.
In der geplanten BBU sollen künftig die Grundversorgung, die Rechts- und Rückkehrberatung, die Menschenrechtsbeobachtung bei Abschiebungen sowie die Übersetzungs- und Dolmetsch-Leistungen für Asylwerber im alleinigen Einflussbereich des Innenministeriums zusammengefasst werden. Durch die Zusammenfassung all dieser Funktionen in einer dem Innenministerium unterstehenden Agentur besteht laut Caritas die "Gefahr, dass ein in sich abgeschlossenes System entsteht". Der Innenminister hätte die Gesellschafterrechte inne, er würde die Geschäftsführung und die Hälfte des Aufsichtsrates bestellen und habe Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung.
Auch wenn die Rechtsberater einem durch das Justizministerium bestellten Bereichsleiter unterstellt werden sollen, würde diese Person wiederum den Weisungen der Geschäftsführung unterliegen. Somit stehe die gesamte Bundesagentur im direkten Einflussbereich des Innenministeriums, gab Wachter gegenüber so einem "abgeschlossenem System" zu bedenken. Da keine externe Kontrolle vorgesehen ist, sei "völlig unklar, wohin sich ein Schutzsuchender im Konfliktfall wenden kann und wie Transparenz über die Vorgänge in der Bundesagentur sichergestellt werden soll", bemängelte der Caritas-Generalsekretär. Wachters rhetorische Frage dazu: "Wer von uns würde sich guten Gewissens einem Rechtsbeistand anvertrauen, der finanziell derselben Behörde unterstellt und dieser berichtspflichtig ist, wie die Gegenseite im Verfahren?" Interessenskonflikte seien hier vorprogrammiert.
"Rechtsstaatlich bedenklich"
Eine unabhängige Rechtsberatung und -vertretung ist nach Überzeugung der Caritas wesentlich für ein faires und effizientes Asylverfahren. Mit der Eingliederung der Rechtsberatung und -vertretung in eine dem Innenministerium unterstellte BBU wären das Recht auf ein faires Verfahren und die Rechtsstaatlichkeit gefährdet. Außerdem sei auch das für die erstinstanzlichen Verfahren zuständige Behörde - das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - dem Innenministerium unterstellt; somit würde ein "rechtsstaatlich bedenkliches Naheverhältnis" entstehen. Wachter verwies auch auf die Rechtsanwaltskammer, die ebenfalls im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit Bedenken geäußert habe.
Große Vorbehalte bzw. deutliche Ablehnung der von der Regierung geplanten Umstrukturierung im Asylbereich äußerten kirchlicherseits auch die evangelische Kirchenleitung, die Österreichische Bischofskonferenz und die Diakonie.
Quelle: kathpress