Pilgern ist "Expedition ins Unbekannte der eigenen Seele"

In seinem neuen Buch "Pilgerwege in Österreich" beschreibt Roland Stadler, Sprecher des Netzwerks Pilgern in Österreich, Pilgern als "Expedition ins Unbekannte der eigenen Seele", als "Abenteuer, bei dem jeder sich selbst und gleichzeitig auch die Welt entdecken kann". Pilgern lehre leben, den Weg sieht der Experte dabei als Vehikel, ein Werkzeug, um seinen Lebensweg zu gehen und mehr noch, ihn zu verstehen. Auf 248 Seiten stellt Stadler in der 2019 erschienenen Publikation 35 heimische Pilgerwege vor und thematisiert die spirituelle Dimension und die Geschichte des Phänomens. In Österreich gibt es etwa 35 bis 40 ausgebaute und betreute Pilgerwege, die rund 20.000 Kilometer umfassen.

Zu einer Expedition zu sich selbst, der Welt oder auch auf Gott hin mache Pilgern laut Stadler eine innere Haltung, die offen für auf dem Weg erfahrbare Botschaften des Lebens und Begegnungen mit anderen Menschen ist. Im räumlichen Fortschreiten wandle sich der Mensch auch im Inneren. "Der Ankommende wird ein Anderer sein als beim Aufbruch. Das Unterfangen wird so zu einer spannenden Expedition, zu einer Forschungsreise ins Unbekannte unserer Herzmitte." Im Unterwegssein werde die Vielfalt des Lebens konkret verdichtet: Wunderbare Erfahrungen und mühsame Momente wechselten einander mitunter im Stundentakt ab, so der Experte.

Ein zentraler Aspekt des Pilgerns ist laut Stadler auch die Erfahrung von Gemeinschaft. Das eigene Leben finde der Pilger "im Echo der Begegnung". Darüber hinaus fördere Pilgern die Eigenverantwortung, "denn ich setze den nächsten Schritt und ich bestimme die Richtung", erläuterte der Experte. Eine wichtige Schwelle markiere der bewusste Aufbruch, der oft mit Gefühlen der Freude aber auch der Mühsal verbunden ist; "da wird etwas 'auf-gebrochen', da ist ein Riss zwischen dem Vorher und dem Jetzt".

Für eine wichtige Phase hält Stadler nach allem Unterwegssein und dem Ankommen das Verweilen, "einfach da zu sein im Angesicht des Zieles, auszuruhen in der Mystik eines Kirchenraumes mit seinen Farben und Gerüchen oder im Park davor neben einem Brunnen, im kühlenden Schatten eines Baumes". Nach intensiven Tagen des Unterwegsseins empfiehlt der Experte zu einem behutsamen Zurückkehren in die ursprünglichen Lebenswelten.

Buch stellt 35 heimische Wege vor

Vorgestellt werden in dem Buch 35 österreichische Pilgerwege, darunter diejenigen nach Mariazell oder das verzweigte Netz des Jakobswegs. Auch Routen, die den Spuren großer Heiligengestalten folgen, wie denen des heiligen Wolfgangs oder der heiligen Hemma, werden beschrieben. Außerdem finden sich Spezialwege wie der höchste Kreuzweg der Alpen und eine Auswahl an Themenwegen, etwa zum spirituellen Wandern. Etappenvorschläge sowie Länge, Dauer, Kontaktadressen und nicht zuletzt der Verweis auf detaillierte Info-Quellen geben Pilgerinteressierten wichtige Orientierungshilfen. Beigelegt ist der Publikation auch umfassendes Kartenmaterial.

Der Pilgerexperte gibt in dem Buch aber auch konkrete praktische Tipps. So empfiehlt er etwa als Packgewicht ein Zehntel des eigenen Körpergewichts. Wichtige Bestandteile einer jeden Packliste müssten eine der Jahreszeit angepasste Bekleidung, eine kleine Reiseapotheke sowie Kartenmaterial sein. Da Pilgerwege abschnittsweise auch immer wieder über asphaltierte Straßen führen, legt der Experte nahe, zwei paar Schuhwerk mitzunehmen.

Zu einer guten Vorbereitung zähle auch die Wahl des Quartiers, die bereits im Vorfeld erfolgen sollte, da es vor allem in Urlaubsregionen in der Hochsaison nicht immer leicht sei, ein Zimmer zu finden. Stadler rät darüber hinaus dazu, sich die Jause und Getränke für den Tag morgens im Lebensmittelhandel zu besorgen. Gerade in ländlichen Regionen sei eine Einkehrmöglichkeit nicht immer gegeben. Wichtig sei es zudem auch, sich im Vorfeld genau über den Weg zu informieren. Wegbeschreibungen, Kartenmaterial oder auch Auskünfte über das Höhenprofil der Strecken könnten im Internet oder via App bezogen werden.

Menschen, die nicht gerne alleine pilgern, rät Stadler, geführt zu pilgern. Dazu gebe es in allen Bundesländern entsprechende Angebote, die von den Kirchen, den Pilgerweg-Vereinen oder den Tourismusbüros angeboten werden. Ein großes Netz an Pilgerbegleitern steht in vielen Regionen zur Verfügung. Das 248 Seiten umfassende Buch "Pilgerwege in Österreich" ist 2019 im Verlag Anton Pustet erschienen und kostet 24 Euro.

Wer sich einen Überblick über bevorstehende Pilger-Angebote verschaffen möchte, findet entsprechende Informationen unter www.pilgerkalender.at. Nächster Höhepunkt ist das für Freitag angekündigte Symposium "Pilgern & Tourismus - Grenzüberschreitendes Pilgervergnügen" im niederösterreichischen Bildungshaus Großrußbach. Referenten sind u.a. Abt Columban Luser (Benediktinerstift Göttweig), der evangelische Bischof Michael Bünker, Landesrätin Petra Bohuslav oder die stellvertretende Obfrau des Vereins Jakobswege Österreich, Christine Dittlbacher.

Quelle: kathpress