Alt-Abt Fürnsinn: NÖ-Stifte sind "Marke" geworden
Die niederösterreichischen Stifte haben "schon eine gewisse Marke entwickelt" und sind für viele Pfarrgemeinden des Landes "ein geistliches Koordinatensystem und ein ganz starker pastoraler Faktor". Das unterstrich der am Dienstag von Petrus Stockinger abgelöste ehemalige Propst des Stiftes Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn, in einem Interview, das die Kirchenzeitung der Diözese St. Pölten, "Kirche bunt", mit dem bisher längstdienenden Abt Österreichs in ihrer aktuellen Ausgabe führte. Dabei plädierte Fürnsinn dafür, in der Pfarrseelsorge und -leitung "neue Wege mutiger zu gehen" und zog Bilanz über seine langjährige Tätigkeit.
Die Klöster in Niederösterreich seien mit ihrer Kultur, ihren Kunstschätzen und Ausstellungen, mit den Bibliotheken und ihren Bauten "wichtige Verkündigungsorte, denn wo sonst kommen Menschen heute so intensiv mit Religion, Glaube und Kultur in Berührung?", fragte Fürnsinn. Er habe einmal gehört, dass mehr Menschen die Stifte und Klöster besuchen, als es Besucher bei Fußballspielen gibt. Es werde eine moderne und offene Art der Verkündigung gepflegt, und Stifte seien auch Orte des Gesprächs über Kunst, über die Ökumene oder auch mit politischen Akzenten.
In Herzogenburg sei vieles gelungen, z. B. das jährliche Kinderfest "NÖKISS", viele Gesprächsforen im Stift oder das Symposion im Stift Dürnstein. Das alles sei nicht sein alleiniges Werk gewesen, sondern auch "die tolle Arbeit vieler Mitbrüder", betonte Fürnsinn.
Befragt nach heutigen Herausforderungen für die Klöster und die Kirche im Allgemeinen antwortete der gelernte Fleischhauer, der vier Jahrzehnte an der Spitze des Stiftes Herzogenburg stand:
Natürlich merken wir gewisse Mangelerscheinungen, aber noch mehr spüren wir, dass wir in einer Zeit des Umbruchs leben.
Sorge um die Kirche habe er nicht. "Ich glaube nur, wir werden neue Wege mutiger gehen müssen." In der Pfarrseelsorge werden die Klöster in Zukunft vielleicht eine neue Funktion bekommen und neue Formen der Leitung von Pfarren suchen müssen, meinte Fürnsinn.
Ich habe schon vor Jahrzehnten geschrieben, dass aus den Gemeinden selber die Priester herauskommen sollen, mit welchen Zugangsbestimmungen für das Priestertum auch immer.
Sollte es hier zu Neuerungen kommen, dann würden gerade die Menschen, die dann in der Verantwortung tragen, geistliche Zentren benötigen, "wo sie auftanken können, wo sie zugeordnet sind, wo sie Ermutigung bekommen, wo die spirituelle Vertiefung geschieht, wo sie Gemeinschaft auf der Führungs- und Leitungsebene erleben". Die Stifte würden da umdenken "und diesen Menschen mehr Anteil geben müssen, die dann vielleicht in der Pfarre konkret arbeiten", legte der Alt-Abt dar.
Horizonterweiternd sei auch seine Funktion als Vizepräsident der Stiftung "Pro Oriente" gewesen, so Fürnsinn: "das hat mir einen anderen Blick auf Kirche und Weltkirche vermittelt". Im Bemühen um Kontakt zwischen katholischen, orthodoxen und altorientalischen Kirchen seien viele Patriarchen der autokephalen Kirchen zu Gast gewesen. "In Sachen Ökumene ist im Stift Herzogenburg sehr viel bewirkt worden", erinnerte dessen früherer Propst. "Papst Johannes Paul II. hat da sehr genau hingeschaut und uns ermutigt. Einmal sagte er zu mir: "In Wien ist in der Ökumene mehr möglich als in Rom."
"Ein Ruheständler im herkömmlichen Sinn werde ich bestimmt nicht - das passt nicht zu mir", versicherte der 79-Jährige mit Blick auf seine Zukunft. Er wolle hinter sein bisheriges Leben "keinen Punkt, sondern einen Doppelpunkt setzen" und sich dort einbringen, wo er gebraucht werde.
Quelle: kathpress