Komponist Balduin Sulzer verstorben
Der oberösterreichische Komponist, Musikpädagoge und Pater des Zisterzienserstiftes Wilhering, Balduin Sulzer, ist in der Nacht auf Mittwoch 87-jährig gestorben, wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" vermeldeten. Sulzers Werkverzeichnis umfasst rund 420 Titel, darunter drei Opern, neun Symphonien, eine Passion, zwölf Instrumental-Konzerte, Klavier- und Kammermusik, Lieder und Chormusik. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Musikpädagoge, Korrepetitor und Domkapellmeister prägte er vor allem das von ihm gegründete Musikgymnasium Linz, wo unter seiner Leitung das Linzer Jeunesse-Orchester und der Mozartchor Linz entstanden. Ein Absolvent des ersten Jahrganges war etwa der international renommierte Dirigent Franz Welser-Möst.
"Unorthodoxe Lehrmethoden, der Wille, alles zu geben, und ein Schalk, der immer im Nacken sitzt und alle zum Lachen verleitet: das ist Balduin Sulzer", hieß es in einem Beitrag in der Linzer "KirchenZeitung" anlässlich des 85. Geburtstags Sulzers vor rund zwei Jahren. Seine Spezialität seien schräge Töne, Kompositionen mit Witz, Tiefgang und überraschenden Wendungen gewesen.
Franz Welser-Möst würdigte den Jubilar in der selbigen Ausgabe der "KirchenZeitung" als "außergewöhnlichen Lehrer, weil er in jedem seiner Schüler die Individualität sah und die teilweise noch verborgenen Talente mit unorthodoxen Methoden, Wortgewalt und Humor gefordert und gefördert hat". Das habe dem Zisterzienser eine "einzigartige Verehrung seiner Schüler auch als Mensch" eingebracht.
Balduin Sulzer, Taufname Josef, wurde am 15. März 1932 in Großraming geboren. Im Alter von zehn Jahren kam er nach Linz auf das Gymnasium und sang als Ministrant im Linzer Dom in der "Domschola" unter Domkapellmeister Josef Kronsteiner. Nach der Matura trat er 1949 in Wilhering in den Zisterzienserorden ein, studierte in Linz, Wien und Rom u.a. Kirchenmusik. 1955 wurde Sulzer zum Priester geweiht und arbeitete danach mehrere Jahre als Musikpädagoge an diversen Gymnasien, dann als Korrepetitor am Linzer Brucknerkonservatorium und als Domkapellmeister. Sulzer war Gründer und musikalischer Leiter des Linzer Musikgymnasiums, wo er von 1974 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1997 wirkte. Seither lebte und arbeitete er im Stift Wilhering.
Exemplarische Aufführungen gab es u.a. mit dem London Philharmonic Orchestra, dem Sendai Philharmonic Orchestra, den Philharmonischen Orchestern von Kiel und Erfurt, dem Kammerorchester Stockholm, dem Brünner Kammerorchester, dem Bruckner Orchester Linz und dem Wiener Kammerorchester. Für sein kompositorisches Schaffen und seine pädagogische Tätigkeit erhielt Sulzer zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Würdigungspreis der Republik Österreich. Zuletzt wurde ihm - sichtlich bewegt und unter Standing Ovations des Publikums - im Rahmen der Eröffnung des Brucknerfestes 2017 der Ehrenring des Linzer Brucknerhauses überreicht.
Requiem am 23. April im Stift Wilhering
Das Requiem für den am 10. April verstorbenen Ordensmann und Komponisten Balduin Sulzer findet am 23. April im Stift Wilhering statt, wie die Diözese Linz mitteilte.
Der Oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer würdigte den Verstorbenen als " prägende, in jeder Hinsicht inspirierende Persönlichkeit des zeitgenössischen Musiklebens Oberösterreichs". Sulzer habe in der Musikgeschichte des Landes unübersehbar und unüberhörbar Spuren hinterlassen hat. "Sein Werk ist umfassend und unvergleichlich: was Qualität, Umfang, Vielfalt und Originalität betrifft", so Stelzer wörtlich.
Bis zuletzt war Sulzer als Komponist und Zeitungs-Kolumnist tätig. Für Dezember 2020 war etwa ein symphonisches Stück für eine Produktion in Japan geplant.
Trauer bei Brucknerhaus und Musica Sacra
Auch das Linzer Brucknerhaus trauert um Balduin Sulzer, der in der Nacht auf Mittwoch verstarb. "Für das Brucknerhaus - und weit darüber hinaus - ist dies ein schwerer Verlust", so Intendant Dietmar Kerschbaum am Mittwoch in einer Aussendung. Sulzer habe das Musikleben Oberösterreichs geprägt wie kaum ein anderer, "als Komponist, als Interpret, als Lehrer und zuletzt auch als Kritiker". Das Brucknerhaus und sein Publikum verdankten Sulzer und seinen Werken viele musikalische Sternstunden. Sulzers Rezensionen zeugten von Leidenschaft, großer musikalischer Kompetenz, aber auch von Respekt gegenüber den Ausführenden. "Das Brucknerhaus hat einen Mentor und Freund verloren", so Kerschbaum.
Das anstehende Konzert des Bruckner-Orchesters Linz unter Jérémie Rhorer mit Kit Armstrong als Solisten am kommenden Samstag, 13. April, widmet das Brucknerhaus dem Andenken an den Verstorbenen, wie es hieß.
Auch die Oberösterreichischen Stiftskonzerte bzw. Musica Sacra würdigten den verstorbenen Ordensmann. "Wir danken Balduin Sulzer für so viele Kompositionen und sein Schaffen, das uns stets Quelle bleibt", so Musica-Sacra-Generalsekretärin Isabel Biederleitner in einer Aussendung. Man trauere um einen "herzensguten, sanftmütigen und stets fröhlichen Menschen" und gedenke seiner in den folgenden Passionskonzerten am Mittwochabend und am Sonntag in der Ursulinenkirche Linz. Biederleitner: "Wir widmen das Passionskonzert 'Lamentations' am Sonntag dem großen Komponisten Balduin Sulzer, der musica sacra so viele Werke geschenkt hat."
"Bin stolz, dass einiges gelungen ist"
In einem unveröffentlichten Interview Ende Jänner 2019 meinte Sulzer in der ihm eigenen Bescheidenheit: "Ich bin schon stolz, dass ich fast 60 Jahre in der Schule verbracht habe und dort einige Spuren vorhanden sind. Dass ich nicht umsonst gearbeitet habe und dass einiges gelungen ist. Ich behaupte nicht, dass alles gelungen ist, aber einiges, und damit bin ich zufrieden."
Auf die Frage nach der Zukunft antwortete Sulzer: "Jetzt bin ich ein alter Mann, der das meiste hinter sich hat und eigentlich mehr oder minder auf den Übergang ins nächste Leben wartet. Da lege ich einen Wert darauf, dass ich sagen kann ,das nächste Leben'. Das Sterben ist ein Vorgang, mit dem man nicht nur rechnen muss, sondern den man auch einplanen kann." Damit meinte der Priester und Komponist, dass sein schöpferisches Werk geordnet sei. Fachleute von der Universität Mozarteum Salzburg würden seinen Nachlass wissenschaftlich betreuen.
Quelle: kathpress