Hermann Glettler agiert als Künstler in "predigtfreier Zone"
Eine moderne Version des heiligen Christophorus, mit schwarzem Textmarker auf eine gelbe Hauswand gezeichnet, ist eines von mehreren Werken, die der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in der Tiroler Gemeinde Kramsach präsentiert. Glettler legte dafür mehrere Posen von Menschen, die Erste Hilfe leisten, übereinander und schuf damit ein Konglomerat von Figuren. "Es geht um ein Tragen und Getragenwerden in einer unglaublichen Verdichtung", sagte er dem ORF Tirol anlässlich der Ausstellungseröffnung am Wochenende. Die kleine Schau sei eine "predigt-und exzellenzfreie Zone", nahm Glettler in der "Tiroler Tageszeitung" (Montag) auf den Umstand Bezug, dass er als Bischof eigentlich nicht mehr selbst künstlerisch tätig sein, sondern als Kunstvermittler agieren wollte.
Der studierte Kunsthistoriker war vor seiner Bischofsweihe mit konzeptuellen Bildgestaltungen auch selbst künstlerisch tätig (siehe: www.hermannglettler.com), hatte zwischen 1990 und 2015 mehrere Einzelausstellungen und war 2014 neben Werken von Damien Hirst, Joseph Beuys und Erwin Wurm bei einer viel beachteten Schau über "Leiblichkeit und Sexualität" in der Wiener Votivkirche präsent. 2016 wurde Glettler mit dem Hanns-Koren-Kulturpreis des Landes Steiermark für das in seiner früheren Grazer Pfarre umgesetzte Projekt "Andrä Kunst" ausgezeichnet.
Das soziale Engagement der Träger des "Kunstforums Kramsach", das aktuelle Werke des kunstsinnigen Klerikers in einem ehemaligen Getreidespeicher, dem "Troadkastn" aus dem Jahr 1696, zeigt, mag dazu beigetragen haben, dass Glettler seinem Vorsatz untreu wurde, als Bischof lieber Brückenbauer zur Kunst als selbst Künstler zu sein. Aber eben in einer "exzellenzfreie Zone", weshalb sich nur in "Profanmedien", nicht aber in Medien der Diözese Innsbruck Berichte über den Bischöflichen Sidestep finden.
Verkaufsobjekte für Burkina Faso
In einem kleinen Seitenraum der Ausstellung mit dem Titel "Soziales Tourismus Jagd" sind aufgetürmte Koffer zu sehen, die Glettler mit kreisrunden Aussparungen versah - eine Reverenz an Fluchtreisende, wie er darlegte. Diese Objekte können laut "Tiroler Tageszeitung" (TT) käuflich erworben werden, der Erlös geht nach Burkina Faso, wo der Bischof erst im Februar Hilfsprojekte der Tiroler Caritas besuchte. Mit dieser Installation "The ongoing Journey" zeige Glettler "einmal mehr, dass er sich auch in seinem Kunstschaffen der Wohltätigkeit und der Menschlichkeit verpflichtet fühlt", heißt es in dem Blatt.
Weitere Arbeiten sind an tibetische Gebetsfahnen erinnernde Häkeldeckchen, die Glettler auf einer Wäscheleine in den Frühlingswind hängte. "Transparent Heaven" nennt er diese Installation, bei der Sonnenlicht die zarten, sonst eher in bürgerlichen Haushalten unter Vasen oder Leuchten zu findenden Heimarbeitsstücke durchflutet. Durchlässigkeit und Grenzüberschreitungen vermitteln auch die Perserteppiche, die den Boden des Ausstellungsraums wie in einer Moschee bedecken, oder Installationen wie schief aufgestellte Fatima-Madonnen, die Assoziationen wie "Schlagseite" oder aber "Zu-Neigung" wecken.
Mit seinen Arbeiten wolle er "unterschiedliche Erfahrungsebenen von Wirklichkeit" verknüpfen, ja verdichten, erklärte Glettler in der "TT". Mit der dargestellten Vielfalt und Überlagerung diverser Stile und Ordnungen wolle er "bewusst verunsichern und damit auf die Fragilität von Lebensentwürfen hinweisen".
Die Ausstellung "Soziales Tourismus Jagd" von Bischof Hermann Glettler im Kunstforum Kramsach (Achenrain 17) ist bis 27. April täglich außer sonn- und feiertags von 13 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.
Quelle: kathpress