Vieles hat sich schon zum Positiven gewendet
Der Bischof der Diözese Feldkirch, Benno Elbs, sieht deutliche Fortschritte im Umgang der katholischen Kirche in Österreich in Sachen Missbrauch. Vieles schon habe sich seit dem Aufkommen der Missbrauchs-Vorwürfe gegen Kirchenleute zum Positiven gewendet, wobei es gut sei, "dass Dinge öffentlich geworden sind und wir jetzt viel transparenter arbeiten müssen", sagte er im Interview mit dem dieswöchigen Recherchemagazin "Addendum". Nachdem die Kirche "viel Schuld auf sich geladen" und dafür auch "viel gebüßt" habe, versuche sie sich heute "aktiv der Problematik zu stellen" - mit einer Rahmenordnung, der Missbrauchskommission, unabhängigen Opferschutzsstellen und Stabsstellen für Opferschutz. "Wir haben und machen sehr viel in Österreich", zog der Bischof Zwischenbilanz.
Näher kam Elbs auf den kirchlichen Umgang mit Missbrauchstätern zu sprechen. Werde ein Missbrauchsfall über die Klasnic-Opferschutzkommission oder eine Ombudsstelle gemeldet, gebe es zunächst eine Untersuchung. Gelte Missbrauch als erwiesen, "wird dafür gesorgt, dass für den Täter kein weiterer Einsatz mehr möglich ist, vor allem was die Arbeit mit Schutzbefohlenen betrifft, also mit Kindern", so der Bischof. Jedem Opfer rate man, darüber hinaus eine Anzeige zu machen. Er selbst sei "immer froh, wenn sich die Staatsanwaltschaft gleich darum kümmert, denn das ist für mich die sicherste Variante", bekannte Elbs.
Selbst tätig werde die Kirche in Österreich bei der Anzeige von Missbrauchstätern allerdings nur, "wenn Gefahr im Verzug ist", erklärte der Bischof. Begründete sei diese Vorgangsweise mit dem Opferschutz:
Wir raten jedem Opfer zur Anzeige, aber wir respektieren alle Entscheidungen. Bei einem Verfahren kann es ja oft auch zu einer Retraumatisierung kommen, das müssen dann auch Psychologen entscheiden.
Hilfe so gut wie möglich
Eine Verjährungsfrist gebe es innerhalb der Klasnic-Kommission nicht, sagte Elbs mit Blick auf die oft erst Jahrzehnte nach dem Missbrauch erfolgten Meldungen dieser Vorfälle. Über 50 Prozent der Beschuldigten seien bereits verstorben, zudem komme, dass viele Opfer ihre Täter nicht mehr namentlich nennen könnten und "wir also nicht mehr wissen, wer den Missbrauch begangen hat". Dennoch versuche die Kommission, Betroffenen "so gut wie möglich zu helfen" und biete ihnen finanzielle Hilfe.
Mehrfach wies der Feldkircher Bischof auf die Bedeutung der Kontrolle von außen hin. Kirchen seien eine "in sich geschlossene Gemeinschaft", weswegen es die Macht- und Abhängigkeitsstrukturen bei der Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch zu überwinden gelte. Um Fälle in Zukunft zu verhindern, habe die Kirche eine Reihe von Studien in Auftrag gegeben. "Wir müssen uns also die Profile der Beschuldigten genau ansehen und daraus lernen", unterstrich Elbs. Auch bei Neuanstellungen müsse die Kirche künftig "genau ansehen", wer für sie arbeitet. Als Folge wurde u.a. in Innsbruck bereits ein genaues Screening für Priesteranwärter und psychologische Begleitung von Experten eingeführt.
Zur Causa des wegen Missbrauchs verurteilten früheren Vatikan-Finanzchefs, Kardinal George Pell, gestand Elbs: "Das versteht auch ein Bischof nicht mehr." Auch wenn der australische Kirchenmann nun vom Dienst suspendiert worden sei und auch im Vatikan Untersuchungen gehen ihn liefen, gebe der Fall "ein katastrophales Bild" nach außen. Dennoch sei er, Elbs, überzeugt, dass Papst Franziskus hier "entschlossen gegen Missbrauch vorgehen" werde. Auch der Rücktritt der fast kompletten chilenischen Bischofskonferenz sei ein Indiz dafür.
Kinderschutzgipfel "voller Erfolg"
Den im Februar stattgefundenen Anti-Missbrauchs-Gipfel im Vatikan bezeichnete Elbs als einen "vollen Erfolg" zumindest aus Perspektive der Weltkirche. Aus der Perspektive Österreichs, wo man schon zehn Jahren offensiv an einer Aufklärung arbeite, sei dabei "vielleicht zu wenig" herausgekommen, doch sei das globale Problem des Missbrauchs eben mit großen weltweiten "Ungleichzeitigkeiten" und "unterschiedlichen Geschwindigkeiten" konfrontiert.
Dass weltweit erstmals ein Konsens zur Problematik entstanden sei, dass nun Handlungsanleitungen für den Umgang mit Missbrauch ausgearbeitet würden unter Beteiligung externer Experten und in bereits wenigen Wochen ein genauer Verhaltenskodex zur Missbrauchs-Prävention erscheinen werde, das alles müsse, so der Bischof, "schon als Erfolg gewertet werden".
Quelle: kathpress