"Kinder sind nicht weg von der Religion"
Für das verstärkte seelsorgliche Bemühen um Kinder und Jugendliche hat sich der Abt der Vorarlberger Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau, Vinzenz Wohlwend, ausgesprochen. In einem Interview mit dem Schweizer kirchlichen Nachrichtenportal kath.ch sagte Wohlwend:
Kinder sind nicht weg von der Religion. Die Kinder, die heute aufwachsen, haben ganz andere Herausforderungen als wir oder unsere Eltern. Wir müssen wirklich lernen, ihnen eine Stimme zu geben bei dem, was sie bewegt. Um ihnen zu zeigen, dass dies genau die Fragen sind, die wir auch hatten.
Die Fragen und Antworten seien heute keine anderen als früher, "aber der Ausdruck ist ein ganz anderer". Das sei die große Herausforderung für die Kirche heute, so der Abt:
Ganz wichtig ist es, dabei dem Heiligen Geist den Raum zu geben für Begegnungen, auch mit den Kindern.
Wohlwend wurde am 2. Jänner 2019 zum Abt des Zisterzienserklosters Wettingen-Mehrerau geweiht. Er wolle aber auch als Abt seine Tätigkeit als Lehrer an der stiftseigenen Schule nicht gänzlich aufgeben, betonte Wohlwend in dem Interview:
Ich unterrichte noch zwei Klassen. Das möchte ich unbedingt weiterführen, damit ich die Bindung zur Schule noch habe und damit ich in den Jugendlichen ein Korrektiv habe.
Das sei ihm enorm wichtig, "weil Jugendliche dir brühwarm sagen, was sie denken. Das gibt mir nochmals einen guten Blick auf meine Arbeit. Eine Art Spiegel, sodass ich mich selber und meine Arbeit anschauen kann."
Zur Klostergemeinschaft der Mehrerau gehören derzeit 27 Mönche. Auf den Nachwuchs angesprochen meinte der Abt, dass es immer wieder einzelne Anfragen gebe.
Wir hatten die letzten Jahre auch wirklich gute Leute. Nicht alle bleiben. Erfreulich ist, dass diejenigen, die wir nach dem Noviziat aufnehmen, meistens bleiben. Diejenigen, die wir aufbauen und in dieser Zeit formen können, auf die können wir bauen.
Grundsätzlich sei ihm um den Nachwuchs nicht bange, "weil wir selber die Grundlagen dafür leben müssen. Das, was wir ausstrahlen, müssen wir auch leben und transportieren können. Dieses heimatliche Gefühl, wenn jemand kommt, das wollen wir auch den Menschen, die kommen, vermitteln."
Die Leitung des Klosters liege nun in den Händen eines sehr jungen Teams, so der Abt, der selbst 49 Jahre alt ist: "Meine Stellvertreter, der Prior und der Subprior, sind fast zehn Jahre jünger als ich. Sie machen es schon die ersten Monate sehr gut."
Der Abt räumte nichtsdestotrotz ein, dass man im Kloster mit einer sinkenden Zahl an Mönchen rechne: "Da heißt es, klug Vorkehrungen zu treffen, damit wir uns mit der Arbeit nicht überfordern. Abstriche zu machen, ist gar nicht so leicht. Wo fangen wir da an?"
Internationale Kongregation
Wohlwend ist als Abt nicht nur für das Kloster Mehrerau verantwortlich. Er steht auch der Mehrerauer Kongregation vor. Die Mehrerauer Kongregation ist ein Zusammenschluss von insgesamt 21 selbstständigen männlichen bzw. weiblichen Zisterzienserklöstern in Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien, USA, Tschechien und Slowenien. Geleitet wird die Kongregation vom Kongregationskapitel und vom Abtpräses, dem jeweiligen Abt von Wettingen-Mehrerau.
Er sei als Abtpräses einer so großen internationalen Kongregation mit unterschiedlichen Rechtsgeschäften und Rechtssystemen konfrontiert, "in denen ich mich nicht überall auskenne. Da brauche ich gute Berater." Er denke aber, "dass wir auf einem guten Weg sind, uns einzuarbeiten, hinzusehen, diese Dinge aufzuarbeiten". Das Hauptaugenmerk seiner Arbeit liege aber im eigenen Kloster, "in dessen Dienst meine Brüder mich, durch den Geist Gottes, berufen haben".
Die Funktion des Abtes habe zudem aber auch etwas "Väterliches", bestätigte Wohlwend: "Auch in den Klöstern steht man immer wieder in der Situation, dass man unterschiedliche Mitbrüder hat. Jeder hat seine Charaktereigenschaften. Da muss man für jeden ein Ohr haben und hinhören, zuhören."
Sorge um Frauenklöster
Der Abt wies im Interview darauf hin, dass es in einigen Schweizer Frauenklöstern der Kongregation mit dem Nachwuchs sehr kritisch aussieht. Hier müsse man ebenfalls genau hinzusehen.
Ich möchte auf jeden Fall für die Verantwortlichen in den jeweiligen Klöstern Gesprächspartner sein.
Eine weitere Herausforderung: Aufgrund der Größe der Kongregation fragten viele Frauenklöster auch immer mehr nach Priestern für die Messe. "Die Schwestern bereiten die Liturgie autonom vor, brauchen dann aber doch noch jemanden, der die Messe liest", so Wohlwend:
Wir wollen die eigenen Klöster stärken. Sie sollen den Mut haben, eigenständig Liturgie zu feiern. Das heißt, dass sie einen spirituellen und religiösen Ausdruck in ihren Gottesdiensten finden, in denen sie nicht jeden Tag zwingend einen Priester brauchen, solange die Regeln der katholischen Kirche so sind, wie sie sind. Die Schwestern sollen in der heutigen Zeit Liturgieformen finden, die ihrer Spiritualität als Zisterzienserinnen entsprechen.
Quelle: kathpress