Über Priesterweihe von Verheirateten nachdenken
Für die Priesterweihe von verheirateten, in Kirchengemeinden vor Ort ehrenamtlich engagierten "bewährten Personen" hat sich der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner ausgesprochen. In einem Beitrag für die neue Ausgabe der "Herder Korrespondenz" (April) erläutert er ein vom früheren südafrikanischen Bischof Fritz Lobinger, dem deutschen Dogmatiker Peter Neuner und ihm selbst erarbeitetes entsprechendes Positionspapier. Demnach sollen die Kirchengemeinden aus ihrer Mitte "personae probatae" benennen, die eine dreijährige seelsorgliche Ausbildung erhalten und dann vom Bischof - gedeckt durch eine kirchenrechtliche Sondererlaubnis - zum Priester geweiht werden. Der Begriff "personae probatae" lässt offen, ob es sich dabei nur um Männer oder auch um Frauen handeln kann.
Zentral ist für Zulehner und seine Mitstreiter, dass an erster Stelle die lebendigen Gemeinden stehen, "in denen kein Mitglied unberufen und unbegabt ist". Alles, was den Aufbau solcher Gemeinden beeinträchtigen könnte, sei zu vermeiden. Deshalb sprechen sich Zulehner und Lobinger auch gegen das herkömmlich diskutierte Modell der "viri probati" aus, nach dem verheiratete und bei der Kirche hauptamtlich beschäftigte Männer geweiht werden sollen. Dies würde nämlich nach Ansicht der Ersteller des Positionspapiers die Entwicklung der Gemeinden zu einer "missionarischen Zeugenschaft" mindern.
Bedeutung der Eucharistie
Ein weiterer zentraler und weithin unterschätzter Aspekt in der innerkirchlichen Reformdebatte ist laut Zulehner die Bedeutung der Eucharistie im Leben der Kirche und gläubiger Gemeinden. "Der Papst sieht diesen Aspekt klar. Er weiß, dass der Priestermangel an vielen Orten weltweit Katholiken am Zugang zu den Sakramenten hindert", so der Pastoraltheologe. Für diese Orte könne sich Franziskus offenbar Ausnahmeregelungen vorstellen, wenn auch nur für die besonders schwer zugänglichen. Zulehner:
Hohe Priorität hat somit für den Papst die Eucharistie, die das Herz christlichen und kirchlichen Lebens ist. Kann diese am Herrentag nicht gefeiert werden, erleidet die Kirche gleichsam einen Herzinfarkt. Dies schwächt auch ihre dienende Präsenz in der Welt, denn Abendmahl und Fußwaschung sind untrennbar verbunden.
Daher frage etwa Bischof Lobinger, ob ein verheirateter Mann nicht ordiniert werden könne, "aber nur, um die heiligmachende Rolle zu übernehmen: um die Messe zu feiern, das Sakrament der Versöhnung zu feiern und die Salbung der Kranken."
Die Frage nach der pastoralen Not des "eucharistischen Hungers" trenne der Papst klar von der Zölibatsfrage, betont Zulehner:
Den Zölibat schätzt er, der Ordensmann, persönlich und denkt nicht daran, den Priestern in der herkömmlichen Gestalt generell die zölibatäre Lebensform freizustellen.
Hintergrund der Ausführungen Zulehners ist die im Oktober bevorstehende Amazonassynode, bei der wohl auch Bischof Lobingers Thesen über zur Debatte stehen werden. Oft würden Lobingers Vorschläge jedoch nur unvollständig dargestellt, so Zulhner zu seinen Präzisierungen in der "Herder Korrespondenz".
Quelle: kathpress