Priesterausbildung längst nach modernen Standards
In der Priesterausbildung im Seminar in Graz, wo die Kandidaten aus der Steiermark und Kärnten gemeinsam leben und studieren, werden längst moderne Standards und Ausbildungsmethoden angewendet, damit nur reife Persönlichkeiten Priester werden. Das betonte der Regens des Seminars, Thorsten Schreiber, im Interview für die aktuelle Ausgabe der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag". Schon bei der Aufnahme in das Priesterseminar in Graz werde von jedem Bewerber beispielsweise ein psychologisches Gutachten verlangt.
Zudem, so der Regens, lasse das gemeinsame Leben von Seminaristen und Ausbildnern menschliche Defizite erkennen, "die klar angesprochen werden und wo gemeinsam Möglichkeiten der Selbstformung gesucht und praktiziert werden". Er lege aber Wert darauf, dass man zwischen psychischen Krisen, die jeder Mensch haben kann und wo kompetente Hilfe notwendig ist, und psychisch kranken Persönlichkeiten unterscheide. Schreiber:
Wir Ausbildner möchten den Seminaristen dabei helfen, Priester mit frohem Mut und mit großer Liebe zu allen Menschen zu werden. Die gesamtkirchliche Großwetterlage macht es freilich nicht immer leicht. Ich bewundere all jene, die heutzutage den Mut haben, Priester werden zu wollen und möchte sie dabei mit allen Kräften unterstützen.
Schreiber spielte in dem Interview u.a. auf ein aktuelles Positionspapier der Grazer Theologischen Fakultät an, in dem empfohlen wird, die klassischen Elemente der Priesterausbildung - wie menschliche Bildung, spirituelle Vertiefung, theologisch-intellektuelle Ausbildung und pastorale Kompetenz - in "einen völlig neuen Rahmen" zu stellen. Konkret bedeute dies Förderung von Weltzugewandtheit und Lebensnähe und "Verantwortung für die individuelle Gestaltung der eigenen Wohn- und Lebenssituation": Jeder Priesteramtskandidat sollte phasenweise "nicht nur unter gleichgesinnten und gleichgeschlechtlichen Kollegen" leben, sondern etwa während eines verpflichtenden Auslandssemesters in Wohngemeinschaften, Familien, alleine oder in Studierendenheimen. "Wer jungen Menschen frühzeitig die Freiheit der selbstverantworteten Lebensführung erspart, tut ihnen nichts Gutes", heißt es in dem Grazer Diskussionspapier.
Regens Schreiber meinte dazu, dass dieses Reformpapier die Priesterausbildung in Graz nicht entsprechend wahrnehme:
Wir Ausbildner sind der Meinung, dass trotz der geringen Zahl an Neueintritten das Leben in Gemeinschaft bedeutsam ist.
Nur hier zeigten sich im menschlichen Miteinander Stärken und Schwächen. Gleichzeitig werde durch regelmäßige Besuche der Seminaristen in Pfarren der Steiermark und Kärnten der Kontakt mit den Menschen gesucht, "denen sie womöglich zukünftig als Priester seelsorglich dienen werden".
Unverzichtbare priesterliche Seelsorge
Hinsichtlich des künftigen Profils des Priesters stelle sich die drängende Frage, was es in der priesterlichen Seelsorge verlässlich geben müsse und was verzichtbar sei, so Schreiber:
Unverzichtbar ist für mich die Feier der Sakramente, insbesondere der Eucharistie, der Beistand in Sterbefällen, einschließlich Sterbebegleitung, Bestattungsriten und Trauerbegleitung, eine Predigt, die wirklich Auslegung des Wortes Gottes und nicht Selbstdarstellung des Predigers oder Selbstthematisierung der Kirche ist.
Dazu kämen Kinder- und Jugendarbeit, diakonische Hilfe für notleidende Menschen und seelsorgliche Zuwendung in schwierigen Lebenssituationen. Was darüber hinaus in den Pfarren geschieht, sei meiner Meinung nach "Christen in den Pfarren und im Besonderen den Pfarrgemeinderäten anvertraut".
Auf die Neueintritte ins Seminar angesprochen, berichtete Schreiber, dass in den vergangenen Wochen drei Steirer und ein Kärntner um Aufnahme angesucht hätten.
Quelle: kathpress