Dombauhütten Wien und Linz sollen immaterielles Kulturerbe werden
Auf der nationalen UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes finden sich die Dombauhütten aus Linz und Wien bereits seit Oktober 2018 - nun sollen die beiden Dombauhütten gemeinsam mit solchen Traditionseinrichtungen aus Deutschland, Frankreich, Norwegen und der Schweiz auch weltweit anerkanntes Kulturerbe werden. Über die multinationale Einreichung bei der UNESCO hat die APA am Montag berichtet, eine Entscheidung werde für Ende 2020 erwartet. Beantragt wurde die Aufnahme in das UNESCO-Register guter Praxisbeispiele zum Erhalt immateriellen Kulturerbes.
Bereits im Vorjahr war das Dombauhüttenwesen in Österreich (Wiener Stephansdom und Linzer Mariendom) von der Österreichischen UNESCO-Kommission in das "nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes" aufgenommen worden. Die Kommission würdigte damit die Techniken zur Restaurierung und Instandhaltung historischer Bauwerke, die seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Das Bauhüttenwesen trägt zur nachhaltigen Pflege der Bauwerke bei und ist ein Garant für die Erhaltung und Weitergabe traditioneller Handwerkstechniken.
Dombauhütten sind in erster Linie für die Erhaltung der denkmalgeschützten Bausubstanz der jeweiligen Kathedrale verantwortlich und müssen daher auch den Schadensverlauf der Steinarchitektur ständig beobachten und dokumentieren. Dabei werden mittelalterliche Bearbeitungstechniken und neue Technologien gemeinsam genützt, da heute neben den traditionellen Steinmetztechniken auch moderne Verfahren zur Verfügung stehen, mit denen sich Steinzerfall und Verwitterung verzögern lassen.
Die Wiener Dombauhütte zu St. Stephan - seit dem 12. Jahrhundert für die Errichtung und Erhaltung der Kathedrale der Hauptstadt verantwortlich - gibt seit mehr als acht Jahrhunderten Handwerkstechniken sowie das Wissen um Steinbearbeitung, Mauertechnik und Wölbung des Domes weiter.
Mit Baubeginn des Mariendoms im Jahr 1862 wurde auch in Linz in Anlehnung an die mittelalterlichen Vorbilder eine vom Dombauverein finanziell getragene Dombauhütte eingerichtet. In dieser waren die Steinmetze mit der Herstellung von Steinbauteilen für den Dombau beschäftigt. Mit der Fertigstellung des Doms reduzierte sich die Tätigkeit der Dombauhütte ab 1925 auf die Durchführung von Erhaltungs-, Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten einige Kriegsschäden im Bereich Vierung und Hauptschiff des Doms behoben werden.
Heute ist die Erhaltung der denkmalgeschützten Bausubstanz und daher auch die ständige Beobachtung und Dokumentation des Schadensverlaufes der Steinarchitektur die vordringlichste Aufgabe der Dombauhütte. Dazu wurden auch die rund 2.800 vorhandenen Originalpläne des Mariendoms vollständig digitalisiert. Ziel aller Maßnahmen ist es, der Nachwelt möglichst viel Originalsubstanz zu bewahren. Moderne technologische Verfahren unterstützen bei den Wartungs-, Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten die traditionellen Steinmetztechniken. Unter der Leitung von Dombauhüttenmeister Gerhard Fraundorfer arbeiten permanent drei Steinmetze und ein Lehrling in der Linzer Dombauhütte.
Das immaterielle Kulturerbe basiert auf dem "UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes", das die internationale Staatengemeinschaft 2003 beschlossen hat. Österreich ist seit 2009 Vertragsstaat des Übereinkommens. Aktuell umfasst das "Österreichische Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" 90 Elemente.
Quelle: kathpress