Heftige kirchliche Kritik an niederösterreichischer Asylpolitik
Ich bin sehr besorgt. Ich beobachte, wie die Demokratie in unserem Land Schaden erleidet und der Zusammenhalt verloren geht.
Mit diesen Worten hat sich am Sonntagabend in Mödling bei Wien P. Franz Helm von den Steyler Missionaren in St. Gabriel an die Teilnehmer einer Demonstration gewandt, zu der die Initiative "Zusammenhalt Niederösterreich " (#zusammenhaltNÖ) aufgerufen hatte. Mit scharfen Worten kritisierte P. Helm dabei die Asylpolitik in Niederösterreich, "verantwortet von FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl". So sei etwa "das gute Miteinander in der Betreuung geflüchteter Menschen in St. Gabriel mutwillig zerstört" worden. Proteste und Bitten seien von den politisch Zuständigen einfach ignoriert worden. "Dagegen heißt es aufstehen und sagen: Genug!", so Helm wörtlich.
Der Ordensmann warnte einmal mehr davor, dass das gesellschaftliche Klima vergiftet und die Gesellschaft gespalten werde. Menschen werde ihre Würde abgesprochen und "unbarmherziger Egoismus" mache sich breit, so Helm. Deshalb gelte es, Zusammenhalt zu zeigen und "zusammen einzustehen für Demokratie, Menschenrechte, friedliches Miteinander in einer solidarischen Gesellschaft".
Der katholische Publizist und "Furche"-Herausgeber Heinz Nußbaumer sprach bei der Demonstration von der "Wiedergeburt einer couragierten Zivilgesellschaft". In Mödling sei eine Gemeinschaft besorgter Menschen beisammen, "die - jenseits aller Parteien, aller Interessensgruppen und aller religiösen Unterschiede - erkannt hat, dass der Traum von Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit auf Dauer nicht ohne ein Mehr an Solidarität und Barmherzigkeit zu haben sein wird". Die vielzitierte "Globalisierung der Gleichgültigkeit" führe auch bei übervollen Warenregalen auf vielerlei Weise in den Untergang, warnte Nußbaumer.
Er zeigte sich betroffen darüber, dass das gesamte Asylwesen und die Flüchtlingsbetreuung den "erprobten und lebensnahen NGOs" weggenommen und in einer Agentur verstaatlicht werden soll.
Nußbaumer rief zum Einsatz gegen "Angst, Neid und Überheblichkeit" auf. Nur so könne man das alte politische Spiel von "Wir - gegen die Anderen" überwinden. Wörtlich sagte der Publizist: "Vergessen wir nicht: Es ist die so oft verdrängte Existenzfrage jeder Demokratie, zwei scheinbare Widersprüche zu versöhnen: Da ist das unbestrittene Entscheidungsrecht der Mehrheit - und zugleich ist da der Schutz der Minderheit, die immer weit mehr braucht als nur ihren kleinen Anteil. Mehr Verständnis, mehr Zuhören, mehr Fürsorge." Daran messe sich letztlich die Qualität einer Solidargemeinschaft.
Markus Lintner, Evangelischer Pfarrer in Mödling, hielt fest, dass sich die Reife einer Demokratie darin zeige, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht. Er verwies auf die neue Karfreitagsregelung, wonach dieser Tag nun nicht mehr für alle Evangelischen ein automatischer Feiertag ist: "Ich bin Niemand. Weil ich einer Minderheit von etwa drei Prozent in diesem Land angehöre, bin ich von der Regierung zum Niemand gemacht worden. Es stört ja auch niemanden, wenn einem Niemand etwas weggenommen wird." - Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte die neue Regelung u.a. auch damit gerechtfertigt, dass sich damit für 96 Prozent der Österreicher nichts ändere. Der Appell von Pfarrer Lintner: "Treten wir dafür ein, dass niemand in Österreich zum Niemand gemacht wird!"
Quelle: kathpress