Österreichs Kirchendachverband beklagt Fanatismus
"Es ist wichtig, gegen menschenverachtende Ideologien und Extremismus aufzutreten und den Frieden und die Verständigung zwischen den Religionen und allen Menschen guten Willens zu fördern", hat der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Landessuperintendent Thomas Hennefeld, am Samstag aus Anlass der Terror-Tat in Christchurch betont. Das "grauenhafte Massaker an betenden Menschen" in Neuseeland habe in ihm Erschütterung und Betroffenheit ausgelöst; er wolle der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich sein Mitgefühl und seine Solidarität zum Ausdruck bringen, so der Superindendent. Wörtlich in seiner Erklärung:
Ich beobachte mit zunehmender Sorge, wie in Teilen Europas und auch in unserem Land muslimische Flüchtlinge und Zuwanderer immer wieder stigmatisiert und pauschal in ein extremistisches Eck gestellt werden. Lassen wir nicht zu, dass sich ein Gedankengut breit macht, das in letzter Konsequenz zu so entsetzlichen Taten wie in Christchurch führen kann. Im Gebet sind wir miteinander verbunden, im Gebet zu dem Einen und Ewigen Gott, der die Liebe ist und nichts als die Liebe.
Vertreter aus Kirchen, Religionsgemeinschaften und Politik in Österreich hatten mit Entsetzen auf den Terrorangriff auf zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch reagiert. Der gegen zum Gebet versammelte Menschen gerichtete Anschlag "erschüttert mich zutiefst", schrieb Kardinal Christoph Schönborn am Freitag auf Twitter. "Im Gebet sind wir bei den Opfern und ihren Familien, und als Christen an der Seite aller Menschen, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen", so der Wiener Erzbischof.
Ich bin erschrocken und tief betroffen, dass betende Menschen Opfer von terroristischen Anschlägen geworden sind. Meine Gedanken und Gebete sind bei allen Opfern und ihren Angehörigen.
So der evangelische Bischof Michael Bünker. Aus dem Judentum drückte Präsident Oskar Deutsch für die Israelitische Kultusgemeinde Wien der Islamischen Glaubensgemeinschaft "ob des verbrecherischen Anschlages gegen zum Gebet versammelte Muslime" Mitgefühl und Solidarität aus. Deutsch:
Hier haben Extremisten Menschen aus nur einem Grund ermordet: weil sie Muslime waren. Dieser Menschenhass ist Gift für die Welt. In Gedanken bin ich bei den Angehörigen der Opfer und wünsche den Verletzten baldige Genesung.
Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, sprach in seiner Erklärung von einem "brutalen Terroranschlag". Die Attacke sei "logische Konsequenz anti-muslimischer Hetze", so Vural. Eine bloße Verurteilung des Terrors reiche auch in Österreich nicht aus. Vielmehr müsse die Politik "endgültig aktiv und glaubwürdig gegen anti-muslimische Hetze vorgehen", forderte der IGGÖ-Präsident.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen prangerte den Anschlag als "schreckliche und barbarische Attacke auf Menschen, die beten (...) wollten" an. "So eine grausame und bösartige Tat muss sehr stark verurteilt werden", schrieb Van der Bellen auf Twitter.
Unsere Solidarität gilt den Menschen in Neuseeland, unser Mitgefühl ist bei den Opfern, deren Verwandten und Freunden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz äußerte sich auf Twitter "schockiert und traurig" über den Terroranschlag. "Mein tief empfundenes Beileid gilt den Verletzten, den Familien der Opfer und dem neuseeländischen Volk", so der Regierungschef.
Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) verurteilte die "abscheulichen Terrorattacken". Von einem "dunklen Tag" sprach SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. "Rechte Terroristen" hätten friedlich betende Menschen ermordet, schrieb sie auf Facebook. "Sie alle sind Opfer von strukturellem Hass und rassistischer Hetze gegen den Islam geworden. Wir dürfen das nicht zulassen. Ich sende allen Angehörigen mein tiefes Mitgefühl. Austria stands with you!", so Rendi-Wagner.
Der Australier Brenton Tarrant (28) hatte am Freitag in einer Moschee in Christchurch das Feuer eröffnet und 49 Menschen getötet.
Täter besuchte Balkan
Wie die Grazer "Kleine Zeitung" am Samstag berichtet, kursiert im Internet ein 74-seitiges "Manifest", das dem Attentäter von Christchurch zugeschrieben wird. Verbreitet wurde es über soziale Medien, die Polizei äußerte sich bisher nicht zur Echtheit des Dokuments, doch gebe durchaus Anhaltspunkte für dessen Authentizität. In dem kursierenden Video über die Bluttat im neuseeländischen Christchurch sind laut "Kleiner Zeitung" weiters mehrere mit Namen und Symbolen beschriebene Waffen und Magazine zu sehen. Einer der Codes sei "Vienna 1683", also die osmanische Belagerung von Wien mit der Schlacht am Kahlenberg, bei der türkischen Verbände zurückgedrängt wurden. Ein weiterer Code sei "Shipka pass", bezugnehmend auf den Russisch-Osmanischen Krieg 1878 mit Schlachten am Balkan; am Ende unterwarfen sich die türkischen Truppen.
Die dem Verdächtigen zugeschriebenen Profile bei Facebook und Twitter sind zwar inzwischen gesperrt, auf im Netz archivierten Versionen ist ein Blick auf die Accounts aber weiterhin möglich. Auf dem archivierten Facebook-Account sind zudem wenige Minuten vor dem Video-Post mehrere Links veröffentlicht worden, über die das "Manifest" heruntergeladen werden kann. Es trägt den Titel "The Great Replacement" (Der große Austausch). Ältere Posts beinhalten etwa Links zu Zeitungsartikeln, deren Inhalt das "Manifest" thematisch wieder aufgreift - etwa über die Geburtenrate unter Muslimen.
Das Manifest selbst ist ein Konvolut von rassistischen Aussagen, Forderungen und Zeichen. Unter anderem zeigt es auf dem Deckblatt die sogenannte "Schwarze Sonne", ein esoterisches Nazi-Symbol. In einem angeblichen Interview gibt der Verfasser Auskunft über sich und die Beweggründe für die Tat.
Der Attentäter von Christchurch habe im November 2018 Bulgarien als Tourist besucht und sich an historischen Orten aufgehalten, sagte Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow am Freitagabend nach einem Treffen von Regierungsvertretern mit den bulgarischen Geheimdiensten. Der Attentäter sei anschließend nach Rumänien und Ungarn weitergereist. Er habe nach den bulgarischen Erkenntnissen 2016 auch andere Balkanländer wie etwa Serbien besucht. Bulgarien prüfe nun, was für Kontakte der Mann in Bulgarien gehabt habe.
Quelle: kathpress