Kirche darf nicht nur Pfarrinsidern dienen
Angesichts der wachsenden Schwierigkeiten, in sämtlichen Kirchen regelmäßig Sonntagsmessen zu feiern, hat der Bischofsvikar für das Wiener Nordvikariat, Weihbischof Stephan Turnovsky, in einem Fastenhirtenbrief zur Bereitschaft zum Ändern von Gewohnheiten aufgerufen. "Frag hundert Katholiken, was das Wichtigste ist in der Messe. Sie werden antworten: Die Wandlung. Sag hundert Katholiken, dass das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist. Sie werden empört sein: Nein, alles soll bleiben wie es ist", zitierte der Bischof den jüngst verstorbenen Lyriker und Priester Lothar Zenetti. Denn für die meisten Pfarren, Gläubigen "und auch für mich selbst" - so der Bischof - sei das Thema Wandlung eben "weder einfach, noch immer angenehm".
Wenn in einer Pfarre nämlich "auch nur ein Detail anders gemacht wird als gewohnt, kann das zu hitzigen Diskussionen führen", so Turnovszky. Dabei sieht er vor allem die Notwendigkeit, dass "alle Tätigkeiten in der Pfarre kritisch darauf untersucht werden, wie sie auf Menschen wirken, die nicht Pfarrinsider sind". Dementsprechend müssten Veränderungen durchgeführt werden.
Der Bischof skizziert in diesem Zusammenhang - unter der von Kardinal Schönborn forcierten Vorgabe von "Mission first" - stärkere Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der Eltern von Firmlingen und Erstkommunionkindern, wenn sie ihre Kinder in die Kirche oder ins Pfarrheim bringen. Ein anderes Beispiel sei eine geplante Umwandlung einer Filialkirche im Nordvikariat. Diese solle jetzt eine Jugendkirche werden, wo u.a. Lobpreisgottesdienste und Gebetsrunden stattfinden. "So kann man Menschen entgegenkommen, um sie zu Christus zu führen", betont Turnovszky.
Ein weiterer Fokus in den Pfarren solle auf "Jüngerschaft" liegen:
Im Glauben wachsen Jünger und Jüngerinnen Jesu besser gemeinsam als alleine. Konkret können wir miteinander über den Glauben sprechen, gemeinsam die Bibel neu entdecken, einander zum Gebet einladen, andere zu Gottesdiensten mitnehmen, Fahrgemeinschaften zur Messfeier anbieten.
Zur Gemeinsamkeit gehöre schließlich auch die Strukturentwicklungs-Dimension, indem der Kontakt unter den Pfarren im Entwicklungsraum und die Bildung von Pfarrverbänden ausgebaut wird:
Unser Erzbischof wünscht, dass bis zum Jahr 2022 die allermeisten unsere Entwicklungsräume in die Form eines Pfarrverbandes oder gar einer gemeinsamen Pfarre mit Teilgemeinden übergeführt sein werden.
Abschließend appelliert er: "Ich bitte Sie um beherztes und furchtloses Mitgehen bei dieser Neuordnung! Verbannen sie daher bitte im pfarrlichen Umfeld zwei Sätze aus Ihrem Wortschatz: Sie lauten: 'Das war immer so', und 'Das geht nicht'. Und wenn sie doch geäußert werden, dann erinnern Sie doch schnell und liebevoll an die Wandlung der Asche, die gegen alle Logik zum Feuer wird! Meine Bitten richten sich an alle in der Kirche, denn wir sind alle zur Wandlung gerufen: auch ich, auch unsere Diözese, auch die ganze Kirche. Die Missbrauchsskandale führen uns das schmerzhaft vor Augen."
Quelle: kathpress