Diakonie: Regierung gefährdet Rechtsschutz für Asylwerber
Beim Vorhaben des Innenministeriums, eine Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Asylverfahren (BBU) einzurichten, ist vom "viel beschworenen Ziel, dass diejenigen, die Schutz brauchen, auch Schutz bekommen sollen", keine Rede mehr. Auf eine diesbezüglich "entlarvende" Pressemitteilung mit deklarierten Zielformulierungen der Bundesregierung hat Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser am Freitag in einer Aussendung hingewiesen. Das Innenministerium teilte dort mit, rechtsstaatliche und rasche Verfahren sollten sichergestellt werden, ohne den Betroffenen "gleich am Beginn des Verfahrens falsche Hoffnungen" zu machen.
Die BBU soll laut Minister Herbert Kickl neben der Unterbringung (Grundversorgung) auch die Rechtsberatung im Asylverfahren, die bislang von unabhängigen gemeinnützigen Hilfsorganisationen durchgeführt wurde, übernehmen. Bereits im Jänner hatte die Diakonie davor gewarnt, dass diese Bundesagentur die "Chance auf faires Asylverfahren gefährdet".
Wie die Diakonie-Direktorin nun mitteilte, liege das Hauptproblem in österreichischen Asylverfahren in der "schlechten Qualität der Entscheidungen der ersten Instanz". Mehr als 42 Prozent der Bescheide seien fehlerhaft und rechtswidrig. Das führe zu einer hohen Aufhebungsquote in zweiter Instanz durch unabhängige Richter und verursache immer wieder eine lange Verfahrensdauer. "Wenn Asylverfahren rascher, aber dennoch qualitativ hochwertig durchgeführt werden sollen, muss man die Qualität der Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) verbessern", betonte Maria Katharina Moser die jüngste Ankündigung Kickls einer Begutachtungsphase für die geplante BBU. Diese Fehlerquote mit der Abschaffung der bisher u.a. von der Diakonie geleisteten unabhängigen Rechtsberatung beheben zu wollen, sei "der falsche Weg und rechtsstaatlich abwegig".
Bundesagentur wie eine "Blackbox"
Es gehe dem Innenminister offenbar darum, den Rechtsschutz für Asylwerber zu schwächen, mutmaßte Moser:
Denn wenn die rechtliche Vertretung von Asylsuchenden einer Agentur des Innenministeriums übertragen wird, wächst die Gefahr, dass fehlerhafte oder willkürliche Entscheidungen nicht mehr revidiert werden und auch dem Blick und damit der Kontrolle der Öffentlichkeit entzogen sind.
Die Diakonie-Direktorin nannte die in dieser Form geplante BBU "eine Blackbox, in der Menschen auf der Flucht und der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verschwinden".
Moser wies auch die Behauptung zurück, den Flüchtlingen würden "gleich am Beginn des Verfahrens falsche Hoffnungen" gemacht:
Fakt ist: Rechtsberatung gibt es erst nach einem negativen Bescheid des BFA, am Beginn des Verfahrens können unsere RechtsberaterInnen weder berechtigte, noch falsche Hoffnungen machen.
Angesichts der hohen Fehlerquote des BFA haben Betroffene mit negativem Bescheid hat eine sehr reale Hoffnung auf dessen Aufhebung. Weiter hielt Moser fest: Die Rechtsberatung durch die Diakonie erfolge realistisch. Wenn die Beratenen dies wollen, seien die Berater "vertraglich dazu verpflichtet, Beschwerde einzulegen".
Spendeneinsatz statt "Gewinnorientierung"
Eine Richtigstellung nahm die Diakonie-Chefin auch gegenüber der Aussage in der Pressemeldung der Bundesregierung vor, ein Vorteil der BBU liege in "Einsparungen aufgrund wegfallender Gewinnorientierung". Moser dazu:
Fakt ist: Die Mittel der öffentlichen Hand waren bis dato nicht ausreichend für qualitätsvolle Rechtsberatung. Diakonie und Kirche haben massiv Spendenmittel eingesetzt. Ich könnte mich auch nicht erinnern, dass Verstaatlichung jemals zu mehr Kosteneffizienz geführt hätte.
Schon aus den bisher "nur rudimentär vorliegenden Plänen" der Regierung zur Struktur der zukünftigen Rechtsberatung werde für die Diakonie klar, "dass massive Qualitätseinbußen in der Vertretung zu erwarten sind". Die Zahl der Rechtsberater solle trotz mehr Aufgaben halbiert werden, obwohl diese neben der Beratung und Vertretung in zweiter Instanz auch in erster Instanz beraten sollen.
Die Geschäftsführung der BBU ist nach den in der Pressemitteilung vorgelegten Plänen direkt dem Innenminister unterstellt und weisungsgebunden, wies Maria Katharina Moser hin. Die damit verloren gehende Unabhängigkeit werde auch die Bestellung eines Bereichsleiters innerhalb der Agentur für die Rechtsberatung durch den Justizminister nichts ändern können. Dieser Umstand erscheint Moser als "ein Feigenblatt, das Unabhängigkeit vorspiegeln soll". Ihr Fazit: Das ganze Unternehmen solle weniger der Rechtsberatung und dem Rechtsschutz Schutzsuchender dienen, als vielmehr dazu, "zu suggerieren, in Übereinstimmung mit den Grundrechten und dem Europarecht zu agieren".
Quelle: kathpress