Diözese Gurk erteilt keine Erlaubnis für Gedenkmesse am Loibacher Feld
Die traditionelle Gedenkfeier am Loibacher Feld bei Bleiburg am Samstag, 18. Mai, wird heuer wohl ohne Messfeier stattfinden. Wie die Diözese Gurk am Freitag in einer Aussendung mitteilte, hat Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger dem Ansuchen der Kroatischen Bischofskonferenz um Genehmigung für die diesjährige Messfeier nicht stattgegeben. Dieser Entscheidung seien eine ausführliche Analyse der Gedenkfeier 2018 sowie zahlreiche Gespräche auf Ebene der Österreichischen und Kroatischen Bischofskonferenz, mit Gläubigen der kroatisch-sprechenden Gemeinde in Kärnten sowie mit Vertretern der österreichischen Sicherheitsbehörden vorausgegangen, hieß es.
Die Analyse der Gedenkfeier 2018 habe demnach gezeigt, dass die im Vorfeld vom damaligen Kärntner Bischof Alois Schwarz als Bedingung für die Erlaubnis zur Messe festgelegten Auflagen und Vorgaben "zum überwiegenden Teil nicht eingehalten wurden bzw. werden konnten", begründet Guggenberger die Entscheidung in einem Schreiben an die Kroatische Bischofskonferenz. Die heilige Messe am Bleiburger Feld sei "Teil einer Veranstaltung, die politisch instrumentalisiert und Teil eines politisch-nationalen Rituals ist, das einer selektiven Wahrnehmung und Deutung von Geschichte dient".
Das Gesamterscheinungsbild der Veranstaltung am Bleiburger Feld schade dem Ansehen der katholischen Kirche und sei vor allem auch dazu angetan, "der katholischen Kirche in Kärnten im Falle einer Erlaubnis der Liturgiefeier zu Recht zu unterstellen, sie würde die Instrumentalisierung eines Gottesdienstes zu politischen Manifestationen dulden und die entsprechende Distanz zu faschistischem Gedankengut vermissen lassen".
Veranstalter des alljährlichen Opfergedenkens am Loibacher Feld, das unter Patronanz des Kroatischen Parlamentes stattfindet, ist die katholische Kirche in Kroatien gemeinsam mit dem "Bleiburger Ehrenzug". Die Messe auf privatem Grundstück ist ein Teil der Feier und setzt bei Mitwirkung eines Bischofs die Zustimmung der Diözese Gurk als zuständige Ortskirche voraus.
Nach der Gedenkveranstaltung im Mai 2018 hatte sich auch die Österreichische Bischofskonferenz bei ihrer Sommervollversammlung in Mariazell im Juni 2018 mit dem umstrittenen Gedenktreffen befasst. Die Diözese Gurk hatte den Veranstaltern bereits im Vorfeld strenge Auflagen erteilt, wie etwa das Verbot politischer Fahnen und Transparente sowie auch von einschlägigen Abzeichen und Uniformen. Die strengen Auflagen hätten positive Effekte gezeitigt, ein Nachschärfen sie aber auf jeden Fall notwendig, so Kardinal Christoph Schönborn damals gegenüber "Kathpress". Jede Instrumentalisierung dieses religiösen Gedenkens für politische Zwecke bzw. Ideologien müsse vermieden werden. Gröbere Zwischenfälle wurden 2018 nicht registriert, die Polizei meldete jedoch sieben Festnahmen und neun Anzeigen nach dem Verbotsgesetz.
Massaker und Hinrichtungen
Im Mai 1945 hielten sich rund eine halbe Million Flüchtlinge aus Slowenien, Kroatien und Bosnien, von Süden kommend, in Kärnten auf. Nach dem Zusammenbruch der Ostfront und der Niederlage der Wehrmacht am Balkan brach auch der "Unabhängiger Staat Kroatien", der 1941 ausgerufene Vasallenstaat der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg unter dem Ustascha-Diktator Ante Pavelic, zusammen.
Im April und Mai 1945 fand eine wahre Völkerwanderung Richtung Österreich statt. Unter den Flüchtlingen waren einfache Soldaten, slowenische Heimwehrangehörige ("Domobranci"), kroatische Kollaborateure ("Ustasi") und Familienangehörige der Soldaten. Die Briten, die als Besatzungsmacht Kärnten kontrollierten, ließen die Flüchtlinge allerdings wieder zurück nach Jugoslawien bringen und lieferten sie den kommunistischen Machthabern aus.
Jenseits der Grenze begannen die Massaker, als Angehörigen der Tito-Armee die Gefangenen in Empfang nahmen. Viele der Flüchtlinge wurden grausam ermordet. Der Fluchtpunkt Kärnten und die höchst fragliche Vorgangsweise der Britischen Besatzungsmacht ging als die Tragödie von Bleiburg und Viktring in die Geschichte ein. Bereits auf den Fußmärschen in die Lager wurden zahlreiche Zurückgeschickte ermordet, weitere Massaker wurden in den Lagern verübt. An vielen Orten Sloweniens kam es ohne jedes Gerichtsverfahren zu summarischen Hinrichtungen von antikommunistischen Militärangehörigen, auch Zivilisten und deutsche Kriegsgefangene wurden umgebracht. Von tausenden Gefangenen in den Lagern Teharje, Sentvid nad Ljubljano und Skofja Loka überlebte nur eine kleine Zahl an Zivilpersonen und Minderjährigen. Die Gesamtzahl der hauptsächlich auf slowenischem Gebiet exekutierten Personen wird auf über 100.000 geschätzt.
Weil die Spuren dieser Verbrechen in der kommunistischen Zeit Jugoslawiens systematisch beseitigt wurden und die Thematik tabuisiert war, entwickelte sich Bleiburg bzw. das Loibacher Feld seit den 1950er-Jahren für Kroaten als ein Ort des Gedenkens an diese Ereignisse. Die Initiative dafür ging von Überlebenden sowie von Auslandskroaten aus, für die Bleiburg der Ausgangsort für die Verbrechen an Tausenden Angehörigen und Landsleuten nach Kriegsende war. Nach der politischen Wende und der Eigenstaatlichkeit Kroatiens gewann die Feier einen immer größeren Stellenwert, nicht zuletzt durch den Umstand, dass sie unter der Patronanz des Kroatischen Parlaments und der Kroatischen Bischofskonferenz stand. Aus diesem Grund stand in den letzten Jahren immer eine kroatischer Bischof der Messfeier vor.
In den letzten Jahren kamen regelmäßig über Zehntausend Gläubige zur Messe - sehr viele davon aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Für zunehmende Kritik sorgte dabei der Umstand, dass die Feiern auch zum Anziehungspunkt für Menschen wurde, die dabei faschistische Symbole zeigten und aus ihrer faschistische Gesinnung kein Hehl machten. Um dem Einhalt zu gebieten, verfügte im vergangenen Jahr die Diözese Gurk detaillierte Auflagen, die den geistliche Charakter der Feiern wahren sollten.
Israelitische Kultusgemeinde begrüßt Entscheidung
Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) begrüßt die Entscheidung der Diözese Gurk, die diesjährige Gedenkmesse am Loibacher Feld nicht zu erlauben. "Wir gratulieren der katholischen Kirche Kärntens, insbesondere Diözesanadministrator Guggenberger zu diesem Schritt", erklärte IKG-Generalsekretär Raimund Fastenbauer am Freitag. "Seit vielen Jahren stellen die jährlichen Gedenkkundgebungen in Bleiburg/Kärnten, bei denen dem faschistischen kroatischen Ustascharegime gehuldigt wurde, eine unerträgliche Provokation für das demokratische Österreich dar", hieß es dazu in der Aussendung.
Messefeier auf Privatgrund nicht auszuschließen
Die von Diözesanadministrator Guggenberger verweigerte Erlaubnis einer Messfeier bezieht sich nur auf ein entsprechendes Ansuchen der Kroatischen Bischofskonferenz und einen von einem Bischof geleiteten Gottesdienst. So ist kirchenrechtlich vorgesehen, dass ein Bischof außerhalb seiner Diözese nur dann mit seinen bischöflichen Amtsinsignien einer Messe vorstehen darf, wenn zuvor die Erlaubnis des örtlich zuständigen Bischofs eingeholt wurde. Im Fall von Bleiburg ist das der gegenwärtige Diözesanadministrator der Diözese Gurk, Engelbert Guggenberger. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass dennoch am 18. Mai eine Messe durch einen katholischen Priester bei der Gedenkstätte auf einem privaten Grundstück am Loibacher Feld gefeiert wird.
Bei der Polizei hält man sich vorerst mit Stellungnahmen zurück. Pressesprecher Rainer Dionisio erklärte gegenüber der Austria Presseagentur (APA), es gebe derzeit bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt noch keine Eingaben hinsichtlich einer Abhaltung der Gedenkfeier am Loibacher Feld. Dionisio: "Für etwaige sicherheitsbehördliche und sicherheitspolizeiliche Beurteilungen oder Entscheidungen fehlt somit derzeit die Grundlage." Ob die Entscheidung der Diözese den sicherheitsbehördlichen und -polizeilichen Prozess im Falle einer Gedenkveranstaltung beeinflusse, lasse sich angesichts der fehlenden Faktenlage aus heutiger Sicht nicht beantworten. Weiters wies die Polizei darauf hin, dass nicht die Diözese Gurk, sondern die Kroatische Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Verein "Bleiburger Ehrenzug" die Veranstalter sind.
Landeshauptmann begrüßt Entscheidung der Kirche
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser hat am Freitag die Entscheidung der Diözese Gurk begrüßt, die diesjährige Gedenkmesse am Loibacher Feld nicht zu erlauben. "Damit wurde der notwendige und aus meiner persönlichen Sicht richtige Schritt gesetzt, um dem alljährlichen Aufmarsch von Anhängern des verbotenen Ustascha-Regimes und anderen rechtsradikalen Gruppen auf Kärntner Boden, auf österreichischem Staatsgrund, zu unterbinden", so Kaiser wörtlich in einer Aussendung.
Jetzt gelte es abzuwarten, ob und in welcher Form seitens der Organisatoren und Verantwortlichen die Feierlichkeiten beantragt werden. "In jedem Fall werde ich umgehend mit Experten und Behördenvertretern alle Möglichkeiten und die entsprechenden gesetzlichen Handhabungen, die in überwiegendem Ausmaß der Bundesregierung zur Verfügung stehen, sorgfältig prüfen", so der Landeshauptmann. Gleiches, nämlich eine umfassende Prüfung, erwarte er sich auch seitens der Bundesregierung: "Ich erwarte von Bundeskanzler, Innen-, Außen- und Justizminister vollste Unterstützung, schließlich geht es auch um den internationalen Ruf und das Ansehen Österreichs."
Der Landeshauptmann verwies weiters darauf, dass er sich in den vergangenen Jahren immer wieder sowohl bei der Kirche als auch in Gesprächen mit österreichischen und kroatischen Politikern dafür stark gemacht habe, alles zu unternehmen, um derlei "Aufmärsche von Personen mit abstoßendem Gedankengut und dem inakzeptablem Zur-Schau-Stellen von eindeutigen Symbolen zu unterbinden". Die Aufnahme der Ustascha-Abzeichen in das österreichische Verbotsgesetz sei ein erster wichtiger Schritt gewesen, "noch wichtiger ist der Entzug der Genehmigung durch die Katholische Kirche", so Kaiser.
Quelle: kathpress