Theologin Fischer kritisiert männliche Prägung der Kirche
Irmtraud Fischer, erste Theologieprofessorin Österreichs, kritisiert die Situation der Frauen in der Kirche:
Leider bestimmen ausschließlich zölibatäre Männer über alle anderen. Wenn die Kirche die Frauenfragen nicht löst, wird es in Europa mit seinen Gesetzen zur Gleichbehandlung schwierig.
So die feministische Theologin in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag". Es werde immer schwieriger, Europas Menschen von heute klar zu machen, warum in der Kirche 60 Prozent der Menschen automatisch wegen ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden.
Irmtraud Fischer will den Fokus in der Bibel und Theologie weglenken von rein androzentrischen Perspektiven hin zu einer geschlechtergerechten Auslegung. "Mir ist damals etwas aufgefallen: Unter den so genannten 'Patriarchen-Erzählungen' ist jeder zweite Text ein Frauentext. Es geht um Sara, Rebekka, Rachel oder Lea. In den Kirchen gelesen werden aber nur Männertexte", so die Theologin. "Es geht um die Geschichte der Bibelauslegung. Dabei gab es zu allen Zeiten Frauen, die die Bibel gelesen und ausgelegt haben", so die Grazer Theologieprofessorin.
Positiv sieht die Theologin eine Änderung in der neuen Bibelübersetzung, die nun nicht mehr von Erzvätern sondern von Erzeltern spreche und so den Blick auch auf die Frauen - Sara, Rebekka, Lea und Rachel - lenke.
Fischer ist Mitherausgeberin der Publikationsreihe "Die Bibel und die Frauen", die bereits in vier Sprachen erscheint und bislang neun Bände umfasst. Im Zentrum des Forschungsprojekts stehen Frauenfiguren der Bibel, deren Rezeption in der Tradition der Bibelauslegung, aber auch Frauen, die selbst die Bibel ausgelegt haben oder denen biblische Texte oder deren Auslegung zugeschrieben werden, sowie die Rezeption biblischer Frauenfiguren und gender-relevanter Themen in der Kunst. Diese "Gegen-Geschichten" gelte es heute vermehrt zu erzählen und auch wissenschaftlich zur Geltung zu bringen.
Kritik äußerte die Theologin zur neuen Bibelübersetzung und nennt diese "halbherzig", denn das Wort "Gott" wurde durch "Herr" ersetzt, was automatisch an Männlichkeit erinnere.
Quelle: kathpress